Rund 50 Leute haben sich heute versammelt, um das Andenken an Juri Tsoglin zu ehren. Der Vorsitzende der Gesellschaft für Kultur, Ingenieurwesen und Wissenschaften (KIW-Gesellschaft), Konstantin Arkush, enthüllte eine Gedenktafel und berichtete über das Leben und Wirken von Juri Tsoglin der von 1936 bis 2023 lebte.
Die feierliche Zeremonie fand am Freitag um 12 Uhr im Innenhof des Hauses Bautzner Straße 20 statt. Die Initiative dazu kommt von der KIW-Gesellschaft und der Jüdischen Gemeinde zu Dresden. Das Gebäude war bis 2022 der Arbeitsplatz des angesehenen Forschungsphysikers und engagierten Mitglieds der Jüdischen Gemeinde.
Dr. Juri Tsoglin gehörte zu den prägenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Dresden. Er war langjähriger Vorsitzender der KIW-Gesellschaft, die Fachleute aus Wissenschaft, Technik, Kultur und Kunst miteinander vernetzt und sich für die Integration von Migrantinnen und Migranten einsetzt.
Annekatrin Klepsch (Linke), Kulturbürgermeisterin und Mitglied im Beirat Erinnerungskulturen, war zur Einweihung anwesend. Sie betonte die Bedeutung der Ehrung: „Die Gedenktafel zu Ehren von Juri Tsoglin würdigt dessen vielseitiges Engagement für die migrantische und jüdische Gesellschaft in Dresden.“ Damit bleibe sein Beitrag zur Stadtgesellschaft auch nach seinem Tod lebendig. Sie dankte ausdrücklich der KIW-Gesellschaft und der Jüdischen Gemeinde zu Dresden für die Initiative.
Ein Leben für Wissenschaft und Integration
Juri Tsoglin wurde 1936 in Makijiwka, in der heutigen Ukraine, geboren. Eine seiner zentralen Leistungen war sein Beitrag zur Bewältigung der Folgen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986. 1995 emigrierte er nach Dresden, nachdem der Antisemitismus in der Ukraine zugenommen hatte.
Ab 2003 engagierte er sich in der KIW-Gesellschaft, die er entscheidend prägte. Unter seiner Leitung förderte die Organisation die Integration von Migrantinnen und Migranten aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion in die Dresdner Gesellschaft.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit und seinem Engagement für die KIW-Gesellschaft setzte sich Tsoglin auch für die Erinnerungskultur in Dresden ein. Er unterstützte die Schaffung eines Begegnungszentrums am Alten Leipziger Bahnhof. Dieser Ort erinnert an die Deportationen von Dresdner Jüdinnen und Juden in den Jahren 1942 und 1943.
Dr. Juri Tsoglin verstarb im Jahr 2023 und wurde auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Dresden beigesetzt. Mit der Gedenktafel an der Bautzner Straße wird sein Wirken für Dresden dauerhaft gewürdigt. Die Gedenktafel wurde mit knapp 9.000 Euro aus dem Stadtbezirksbudget gefördert. Einen umfangreichen Nachruf gibt es auf der Seite der KIW-Gesellschaft.
Haus mit Geschichte
1937 kaufte die Israelitische Religionsgemeinde Dresden das Haus. 1938 mussten die jüdischen Ladeninhaber ihre Geschäfte aufgeben. Die Gemeinde richtete im Hinterhaus eine Kleiderkammer für Bedürftige ein. Ab 1. April 1940 wurde das Haus eins der sogenannten Judenhäuser, in denen jüdische Familien zwangsweise wohnen mussten. Das Ehepaar Schrimmer, denen das Haus zuvor gehört hatte, wurde am 25. August 1942 nach Theresienstadt deportiert und wurde dort ermordet.
Im Mai 1945 wurde das Haus der jüdischen Gemeinde zurückgegeben. Am 1. November 1945 konstituierte sich die Gemeinde hier wieder. Bis 2001 befanden sich hier die Gemeinderäume, die Verwaltung und die Jüdische Wohlfahrtspflege. Seit 2019 hängen im Hauseingang große Tafeln, die an die Geschichte des Hauses erinnern.