Den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) fehlen für 2025 rund 18 Millionen Euro, um den Betrieb wie bisher aufrecht zu erhalten. Grund dafür sind im wesentlichen fehlende Landes- und Bundesmittel. Von dem zwar sehr beliebten 49,- Euro Ticket kommt bei den DVB zu wenig an, um erfolgreich wirtschaften zu können. Außerdem sind die Betriebs- und Personalkosten gestiegen.
Das Unternehmen hat angesichts des ebenfalls knappen Stadthaushalts ein Konzept vorgelegt, wie das Geld eingespart werden könne. Wichtigstes Anliegen: Der 10-Minuten-Grundtakt muss erhalten bleiben. Die Einsparungen könnten durch punktuelle Eingriffe im Liniennetz, vor allem bei weniger genutzten Strecken erreicht werden, heißt es von den DVB.
Zu den Einsparungen gehören unter anderem die Fähren in Johannstadt und Niederpoyritz, die Bergbahnen sollen in den Wintermonaten pausieren, einige Buslinien werden eingestellt, einige verkürzt. Die Straßenbahnlinie 13 soll nicht mehr nach Kaditz, sondern nur noch nach Mickten fahren, das hatten die DVB erst im Sommer 2023 eingerichtet (Pieschen-Aktuell vom 16. August 2023). Die Linien 6 und 7 sollen in Teilabschnitten nur noch alle 20 Minuten fahren.
Entscheiden muss der Stadtrat
Über diese Vorschläge soll nun der Stadtrat entscheiden. Für den heutigen Donnerstag haben die Grünen eine aktuelle Stunde beantragt, um das Thema zu diskutieren.
Im Vorfeld haben sich verschiedene Parteien positioniert. Martin Schulte-Wissermann (Piraten), verkehrspolitischer Sprecher der PVP-Kooperation: „Die angeblichen Finanzprobleme der DVB sind fremdverschuldet: Bund und Land leisten ihren Anteil an Deutschland- und Schülerticket nicht, OB Dirk Hilbert stellte in seinem Haushaltsentwurf wider besseren Wissens zu wenig Geld für den ÖPNV ein und eine Mehrheit des Stadtrats will statt in die DVB lieber in kolossal teure Stadtautobahnen investieren, z.B. Königsbrücker (20 Mio. Euro) und Hamburger Straße (15,6 Mio Euro).“
Linken-Fraktionsvorsitzender André Schollbach: „Die kurzsichtige Rotstift-Politik des Oberbürgermeisters droht enormen Schaden anzurichten und kommt die Stadt langfristig teuer zu stehen. Einerseits erzielt die städtische SachsenEnergie immer wieder neue Rekordgewinne. Andererseits droht ein Kahlschlag bei den Verkehrsbetrieben. Das passt nicht zusammen. Hier bedarf es einer deutlichen Kurskorrektur.“
Stefan Engel, verkehrspolitischer Sprecher SPD-Fraktion: “Die SPD-Fraktion wird für eine Erhöhung des DVB-Zuschusses kämpfen! Wir wollen das bestehende Angebot beibehalten. Für Haushaltsgespräche mit anderen Fraktionen sind die DVB für uns ein ganz zentrales Thema.“
AfD und CDU wollen Mobibikes einsparen
Die CDU ist der Ansicht, dass an Kostenreduzierungen kein Weg vorbeiführt. Allerdings sei der Vorschlag der DVB mit einer Ausdünnung des Streckenangebots zu reagieren der falsche Ansatz. Veit Böhm, umwelt- und verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion sagt, dass dies faktisch eine Zwei-Klassen- Gesellschaft des ÖPNV schaffen würde.
„Diejenigen, die innenstadtnah wohnen, könnten weiterhin wie gewohnt Busse und Bahnen nutzen; die etwas von der Innenstadt entfernt Wohnenden nur noch mit Einschränkungen und die am Stadtrand lebenden Dresdnerinnen und Dresdner hätten im Zweifel gar kein nutzbares ÖPNV-Angebot mehr“, so Böhm. Hinzu käme aus seiner Sicht, dass zukünftig mehr Pendler aus den städtischen Randlagen und von außerhalb, aufgrund fehlender oder schlechterer Erschließungsqualität auf Auto umsteigen müssten, was weder Dresdner Mobilitäts- noch Klimazielen entsprechen würde.“
Die CDU-Fraktion hat einen Eilantrag (siehe Anlage) eingereicht. Darin wird gefordert, das bisherige Netz zu erhalten, insbesondere an den Stadtrandgebieten. Die notwendigen Einsparungen sollten durch den Wegfalle „fremder Aktivitäten und Leistungen“ und gesamtstädtischer Taktanpassungen erreicht werden.
Mit diesen „fremden Aktivititäten“ sind die Leistungen aus der Mobiwelt, also Car-Sharing und Mobi-Bikes gemeint. An dieser Stelle möchte auch die AfD sparen. DVB-Pressesprecher Falk Lösch gibt zu bedenken, dass derzeit die Mobiwelt zum Auftrag der Stadt an die Verkehrsbetriebe gehört. Sie sei ein gutes Argument für den Erwerb eines Abo-Tickets und die Inanspruchname ist über die Jahre kontinuierlich gestiegen. So verzeichneten die DVB im vergangenen Jahr mehr als zwei Millionen Fahrradausleihen. Wenn das Mobi-Angebot zurückgefahren würde, sei damit zu rechnen, dass ein Teil der Nutzenden dann wieder das Auto nutzt.
Alternativen zu Kürzungen gefordert
Die Dresdner Ortsgruppe des Verkehrsclub Deutschlandweist auf die sehr hohen Mitzeichungszahlen der Petition „Für die Erhaltung & Stärkung des ÖPNV-Angebots“ (Stand 23. Januar: mehr als 22.000 Unterzeichnungen). Die Dresdner*innen zeigen hier deutlich, dass ein Zusammenstreichen des Stadtlebens nicht akzeptabel ist. „Die DVB gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge wie Wasser und Strom“, sagt VCD-Sprecher Gunnar Reichel. „Niemand käme auf die Idee, den Wiener Tunnel zu sperren, um bei der Straßenunterhaltung zu sparen“.
Vor der aktuellen Stunde im Dresdner Stadtrat gibt es andere Kürzungsvorschläge der Parteien. Was dort als Verlagerung in Stadtzentrum propagiert wird, sei ein vergifteter Kuhhandel und eben nicht solidarisch. „Ein 12-Minuten-Takt vernichtet 17 Prozent des Angebots, führt zu noch mehr Gedränge, verpassten Anschlüssen und Verspätungen im Berufs- und Schulverkehr. Der Fahrgastverlust wäre fünfmal größer“, erläutert der Clemens Kahrs vom VCD. „Im nächsten Jahr stellen sich die Fragen dann erneut. Das ist keine wirtschaftliche Konsolidierung, sondern es sind Axthiebe am städtischen Verkehr.“ Ein zukunftsfähiger ÖPNV setzt auch auf ALiTa und Mobi, die dazu beitragen, alltägliche Wege flexibel zu gestalten.
Finanzielle Lösungsmöglichkeiten hat der VCD unlängst an Stadtratsfraktionen verbreitet. Eine weitere, kurzfristige Lösung liegt für Clemens Kahrs jedoch auf der Hand: „Der von der TWD ausgesprochene starre Deckel von 55 Millionen Euro verkennt, dass sich auch die Betriebskosten der DVB nach oben bewegen. Die Zahl passt sich nicht der Inflation an. Aus diesem Grund allein sind schon 10 Millionen Euro mehr für die DVB drin.“ Die Gewinne der TWD bewegen sich über Plan und können diese schwer zu behebenden Schäden der Angebotskürzungen abwenden.
Demo und Livestream
Die Stadtratssitzung wird im Livestream übertragen und beginnt um 16 Uhr. Bereits ab 15 Uhr wollen Mitarbeitende der Dresdner Verkehrsbetriebe vor dem Rathaus demonstrieren.
Es hat sich ein Schreibfehler eingeschlichen:
„[…] nur noch nach Mickten fahren, dass hatten die DVB […]“.
Danke. Das voraneilende Komma hatte mich wohl verleitet.