Die Abbrucharbeiten an der Carolabrücke gehen langsam voran. Inzwischen ist ein Großteil der Bauarbeiten von der Altstädter auf die Neustädter Seite umgezogen. Auf der Altstädter Seite bleibt vorerst noch ein Schutthaufen übrig. Wie gestern im Bauausschuss bekannt wurde, findet sich aktuell kein Baggerfahrer, der daran arbeiten wolle. Im Januar waren bei den Baggerarbeiten drei Bomben gefunden worden. Allerdings konnte die Fahrrinne soweit ausgebaggert werden, dass am Montag schon einige Schiffe der „Weißen Flotte“ unter der Brückenruine durchfahren konnten.
Damit konnte eine Zwischenlösung für die Schifffahrt geschaffen werden. Weitere Fahrten sind ab kommender Woche geplant. Passagierfahrten wird es voerst nicht geben, dafür müssen die an den Resten der Züge A und B angebrachten Sensoren noch eine Weile beobachtet werden. Seit Dezember ist klar, dass die verbleibenden Brückenzüge A und B nicht erhalten werden können (Neustadt-Geflüster vom 11. Dezember 2024). Ein kompletter Neubau ist erforderlich. Um die rechtlichen Rahmenbedingungen für dieses Vorhaben zu klären, hat die Landeshauptstadt Dresden nun ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.
Inzwischen haben sich in der Stadt mehrere Initiativen gegründet, die fordern, die Brücke nicht wie gehabt wieder aufzubauen. Eine davon ist die Initiative Carolabrücke, die sich in dieser Woche gegründet hat. Gefordert wird, beim Wiederaufbau der Carolabrücke Architekt*innen und Historiker*innen und die Dresdner Bevölkerung in den Planungsprozess einzubeziehen.
Zügige Umsetzung angestrebt
Das Hauptziel der Stadtverwaltung ist ein schneller und zukunftsfähiger Neubau der Brücke. Änderungen gegenüber der bisherigen Konstruktion könnten Auswirkungen auf das Genehmigungsverfahren haben. Daher soll eine auf Planungsrecht spezialisierte Kanzlei mögliche rechtliche Konsequenzen untersuchen. Die Ergebnisse des Gutachtens werden nach den Winterferien 2025 erwartet.
Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) betont die Bedeutung der Brücke für die Stadt: „Die Carolabrücke ist für viele Dresdnerinnen und Dresdner eine wichtige Verbindung. Unsere Experten arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung. Das Rechtsgutachten ist ein zentraler Schritt, um den Stadtrat und die Öffentlichkeit in die Entscheidungsfindung einzubinden.“
Rechtliche Klärung der Genehmigungswege
Das Gutachten soll prüfen, ob und in welchem Umfang eine planungsrechtliche Genehmigung für den Neubau erforderlich ist. Dabei stehen mehrere Aspekte im Fokus:
- Anpassungen an moderne Verkehrs- und ÖPNV-Planungen
- Änderungen der Bauwerksgeometrie, beispielsweise zusätzliche Brückenpfeiler
- Auswirkungen verschiedener Genehmigungsverfahren auf den Zeitrahmen des Projekts
Drei Genehmigungsvarianten stehen zur Diskussion:
- Ersatzneubau: Begrenzte Anpassungsmöglichkeiten, keine erneute Umweltprüfung, schnellste Lösung.
- Planfeststellungsverfahren: Umfassendes Verfahren mit größtem Gestaltungsspielraum, aber längster Dauer. Naturschutz- und Schifffahrtsbelange sind zu berücksichtigen.
- Plangenehmigungsverfahren: Ähnlich dem Planfeststellungsverfahren, jedoch mit beschleunigter Umsetzung bei Zustimmung aller beteiligten Behörden.
Entscheidung durch den Stadtrat
Nach Vorlage des Gutachtens wird die Stadtverwaltung eine Beschlussvorlage für den Stadtrat erarbeiten. Die Entscheidungsträger müssen dann abwägen, ob der eingeschränkte Handlungsspielraum eines Ersatzneubaus ausreicht oder ob ein aufwendigeres Verfahren erforderlich ist. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit ist vorgesehen.
Baubürgermeister Kühn sagt: „Das Gutachten soll nicht nur rechtliche Fragen klären. Es soll auch aufzeigen, wie sich die Carolabrücke modern und zukunftssicher gestalten lässt. Transparenz und Bürgerbeteiligung sind dabei entscheidend.“
„Hauptziel der Stadtverwaltung ist ein schneller und zukunftsfähiger Neubau der Brücke“.
Da bringt Herr Kühn aber was Durcheinander: schnell schließt zukunftsfähig hier aus! Ein gleicher oder ähnlicher Ersatzbau als betonierte Stadtautobahn ist nun genau das, was die Fachwelt nicht unter „zukunftsfähig“ subsummiert.
Ebenso nimmt er verfrüht vorweg: „modern und zukunftssicher gestalten“. Das ist bla bla, und „modern“ steht ja als Ziel gegen den schon artikulierten Willen aus der Stadtgesellschaft.
Das Rechtsgutachten wird u.U. wenig bringen, kann es sich doch noch auf keine Rechtssprechung betreffs neuer Planverfahrensregeln beziehen. Es dürfte auch schnell überflüssig sein, wenn man sich mal eingesteht, daß hier nun eine solch große Aufgabe und Chance der Stadtentwicklung vorliegt, daß es kaum um paar wenige Jahre Unterschied gehen kann. Da muß die Verwaltung sicher noch von ihrem Aktionismus herunterkommen, den jetzt ja schon der bombastische Baggerfahrende-Streik ausbremst.
Und ganz wichtig bleibt: Die BürgerInnen werden nicht „nur mal beteiligt“ an der Sache – sowas kennen viele ja gut, wie das dann aussieht, auch entscheiden es nicht dubiose „Entscheidungsträger“ (also Rats-Laien und Verwaltungschefs), sondern es muß und wird die Stadtgesellschaft entscheiden – was sonst! Wir werden sowieso mehr Zeit brauchen, als erhofft und gedacht, dann sollte man auch die beste Variante finden, entscheiden und bauen.
Viel wichtiger als so ein Rechtsgutachten wäre die Sache mit der Planfeststellbehörde, ob man dort nicht doch mal zu einem zügigen Verfahren kommen kann. Also statt angeblicher 5-7 Jahre nur 2 Jahre Prüfzeit. Kann doch nicht so schwer sein, seit 15 Jahren bekommt die Landesdirektion es nicht mehr zügig hin, außer wenn sie mal müssen.
Mich befremdet es sehr, wie man auf Biegen und Brechen ein Planfeststellungsverfahren umgehen will. Solche Verfahren gibt es doch nicht ohne Grund! Länger dauern sie, weil allen Betroffenen und auch den Bürgern Gelegenheit gegeben wird, sich zu äußern. Herr Kühn hat offenbar Angst vor der Diskussion, aber besser als sie abwürgen zu wollen (klappt eh nicht), wäre es, sie gut zu moderieren.
Die Brücke steht dann 150 Jahre+, wenn man nicht wieder so einen Schrott baut, da darf man auch mal in sich gehen, um als Stadtgesellschaft zu klären, was dort neu entstehen soll.