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Kopulation im Reinigungsbad

Er stöhnt. Sie schreit. Es rumpelt und poltert. Der Bademeister verdreht die Augen, geht nach hinten, hämmert mit der Faust gegen die Tür. Mit dominanter Stimme dröhnt er: „Macht hinne, hier wollen noch andere ins Bad.“ Sie seufzt noch einmal laut auf und im Warteraum kichern die Gäste. Wenig später klappert die Tür.

Durchgang zum Nordbad in den frühen 1990ern. Foto: Lothar Lange
Durchgang zum Nordbad in den frühen 1990ern. Foto: Lothar Lange

Ein schlacksiger Typ mit Zottelhaaren stapft heraus, das Badetuch locker um die Hüfte gebunden, die Schürstiefel offen. „Warte doch!“, ruft sie und eilt ihm hinterher, die Jeans noch auf halbacht, die Haare voller Badeschaum und seine Klamotten auf dem Arm. Wir sitzen Spalier, tuscheln und die frisch versexten müssen an uns vorbei.

Als ich im Jahre 1991 in die Neustadt zog, starrten mich Kollegen und Verwandte entsetzt an. In das Assi-Viertel? Zu den Verbrechern und Suffköppen? Wenn sie gewusst hätten, wie sehr sie mich durch diese Äußerungen bestärkt haben. Keine Minute hatte ich es bereut, die luxuriöse Wohnung im elterlichen Plattenbau aufgegeben zu haben.

Für das Problem mit fehlendem warmen Wasser gab es die perfekte Lösung im Nordbad. Dieses war damals noch eine Ruine, aber im Hinterhaus der Louisenstraße 48 war ein sogenanntes Reinigungsbad angesiedelt. Für kleines Geld gab es hier ein paar Duschen und Badewannen, stets frischen Kaffee und unterschiedlich strenge Bademeisterinnen und Bademeister.

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Während der Meister des Wischtuches die Spuren der Leidenschaft beseitigt, tuscheln wir aufgeregt. Mein Nebenmann raunt mir zu, dass der halbnackte Bursche in dieser Woche schon mit drei verschiedenen Damen hier gesehen worden sei. Ich frage mich, was die Mädels an diesem dürren Kerl nur finden können.

Doch bevor ich lange grübeln kann, werde ich aus meinen Überlegungen gerissen. „Die nächste Dusche ist frei“, ruft es von hinten. Ich stelle meine Kaffee-Tasse zurück und eile. 20 Minuten sind zwar regulär vorgesehen, aber bei so großem Andrang wie heute dusche ich lieber ein bisschen schneller. Ein herber Duft schlägt mir entgegen, eine Mischung aus Moschus und Alkohol.

Mit aller Gewalt versuche ich die Gedanken an den großen haarigen Bauarbeiter zu verdrängen, der mir im Gang entgegenkam. Zehn Minuten später bin ich fertig, werfe mir Klamotten über und nun bin ich es, der am Spalier der Wartenden vorbeistolzieren kann.

„Ich bin sauber und ihr nicht“ klingt es mit jedem Schritt, so gestählt bin ich gerüstet für weitere Abenteuer in der Neustadt.

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War früher alles besser?

  • Als kleine Erinnerungsstütze an die frühen 1990er Jahre werde ich in loser Folge ein paar Geschichten über die wilde Zeit von damals veröffentlichen.
  • Die Fotos auf dieser Seite wurden zur Verfügung gestellt von Lothar Lange und Günter Starke. Vielen Dank.
Alaunstraße 1991
Alaunstraße 1991

16 Kommentare

  1. Also: nur weil man dort früher öffentlich gepoppt hat, muss es ja nicht gleich alles besser gewesen sein. Zugegeben: ich fände etwas mehr Toleranz im Saunabereich auch begrüßenswert, habe ich doch mehrfach erlebt, wie turtelnde Paare vom Bademeisterpersonal abgestraft und mit Saunaverweis bedroht wurden. Das muss nicht sein! Vielleicht werden wir dann auch bald mal wieder im Nordbad freies Liebesspiel zur Freude aller erleben können. Ich bin dafür!

  2. Sex im Schwimmbad,- nichts ekliger als das! Soweit sollte Man(n) seine Triebe wohl noch unter Kontrolle halten können, es bis nach Hause zu schaffen. :-( Gut, das ich heute lebe und nicht damals und mit meinen Kindern beruhigt ins Nordbad gehen kann.

  3. @Marc: Das is doch sexistische Machoscheiße! Frauen als Sexobjekt nur da, um von notgeilen Männern begafft zu werden! Pfui, Du SPANNER!!

  4. @Sandra:
    „Soweit sollte Man(n) seine Triebe…“

    Frauen betrifft der Sexualtrieb also nicht, oder was?
    Mann, man, Man(n), wenn man weiß wer der Böse ist hat der Tag Struktur, oder?

  5. Gegenüber im Malwina gab’s dazu den (ersten?) Waschsalon mit zwei, drei (vier?) Waschmaschienen. Aber Wäschewaschen dauerte länger als die 20 min Duschen, oder halbe Stunde Wanne, wenn man mal dekadent war… (2 fuffzsch gg. 1,50 für’s Duschen… (deeEmm)
    Mittwochs Vokü, ggf. mit Kurt…der einen immer mit Lesestoff versorgen konnte…
    Aber apropos…viel häufiger als obige Szenen mußte die Wischkraft bemängeln, das „die Leute“ ihren (ich glaub‘ sie hat’s schöner umschrieben) Rotz (?!?) nicht selber in den Ausguss wischten…
    aber scheen war’s, nach dem Frühstück frisch geduscht noch’n Kaffee zu nehmen, zu plauschen oder Zeitung zu lesen. Oder noch ungeduscht…
    und @Sandra: ich finde, es sollten sich man'(n) und frau im Zaume halten…aber hinter verschlossener Tür? Solange die 20 min nicht überzogen wurden…
    und @Fritzi, vllt. ist Marc ja auch an dem beteiligten Mann interessiert? Geht jetzt nicht so klar draus hervor…ich glaub‘ es war auch nicht so ganz ernst gemeint…aber gut das jmd aufpasst!

  6. A prospos Lesestoff: wer, wie ich, von Erinnerungen aus der Neustadt nicht genug bekommt, dem empfehle ich ‚Als ich ein kleiner Junge war‘ von Erich Kästner! Auch damals gabs schon Hecht- gegen Neustadt-Gang, nur fand die Battle ganz analog auf dem Heller statt.
    Grüße aus dem leipziger Exil!

  7. kurt hätte ruhig mal öfter ins nordbad zum duschen gehen können, der roch immer sehr streng.
    ich persönlich habe das wannenbad als ganz schön versifft in erinnerung.
    naja, ofenheizung und trabbi fand ich auch nicht so pralle, aber jung sein war besser zu dieser zeit, als heute alt sein.

  8. Finde auch: Anton macht n klasse Job! Leuten wie Dir ist es zu verdanken, das sich andere mit der Geschichte ihres Viertels überhaupt auseinandersetzen. Und wenn es dann noch so amüsant daherkommt….Vielen Dank!

  9. Es gibt auch ein Buch über das Nordbad, welches 1997 zur Wiedereröffnung erschienen ist. Titel: „Nordbad. Der Wiederaufbau eines alten Bades.“ Stehen aber keine Badgeschichten à la Anton drin :-)

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