Das erste Mal Conradstraße
Es dämmert nicht nur mir sondern auch draußen. Es war eine lange Nacht. Sie begann, da bin ich mir ziemlich sicher, auf der Schönbrunnstraße. Der Anzahl der Schuhe im Hausflur nach, die ich beim Verlassen der Wohnung mit einem unsauber gezieltem, aber letztendlich präzise gesetztem Meterschritt überwinden musste, waren wir zu vielt [sic!]. Dann das übliche: Diskussionen. Warten auf Nachzügler. Bahn oder nicht Bahn. Bahn. Warten. Bahn kommt. „Ich hab meine Kohle vergessen!“. Bahn fährt ab. Warten. Nachzügler kommt. „Hat noch jemand Bier?“. Warten. Loslaufen. Bahn fährt vorbei. Weiterlaufen. Schneller laufen. Musik ins Ohr. Ich bin jetzt immer da, wo du nicht bist. Chemo.
Mein Handy sagt: halb drei oder halb vier. Wir stehen im sogenannten Mosambik-Club hinter der Chemiefabrik in einem Kreis aus klatschenden Schwarzen und tanzen zu Reggae. Unsere Gruppe hat sich auf drei reduziert. Es ist sehr rauchig und sehr warm. Eine kreischende weiße Mama mit Kinderwagen und Sternchentattoo am Hals durchbricht kurz die friedfertige Ursuppe, in der wir dahin dümpeln. Sie dezimiert unsere gesellige Runde um einen mutmaßlichen Kindsvater. Sag Bescheid, wenn du mich liebst.
Zu spät
Mein Handy sagt: zu spät. Vor uns öffnet sich eine Metalltür, ich strample mich durch einen schwarzen Vorhang. Ein Bass so hektisch wie ein Kaninchenherz presst mir die Luft aus den Lungen. Eulen schauen aus jeder Ecke des Raumes. Wir stürzen hinein ins Labyrinth des Panoptikums, auf der Flucht vor dem Hämmern des Beats. Es ist schön wenn’s nicht mehr weh tut.
Dann raus. Es funktioniert nur noch ein Ohrstöpsel – nicht gut für’s Gleichgewicht. Was ist das hier für eine Straße? Wo sind die Schienen? Auf der Straße der Verdammten. Aldi … ganzen Stunden! Hinter dem Steinmetz wehen eine Deutschland- und eine Dynamoflagge. Grabmäler und Wandmaler. Wo bin ich? Den Friedhof kenne ich, hier liegen Jordan und Timaeus und wäre es nicht so kalt, hätte ich Lust mich dazuzugesellen. In Notzeiten soll man zusammenlegen.
An der Mauer lässt es sich gut entlanglaufen. Denken sich auch die Hundebesitzer. Ich laufe Hürden. Das Fußpils ist fast alle. … ein Graben, in den sich einer übergibt … Oh, polnische Abgänge sind einsam. Der Bischofsplatz. Ich schaue zurück. Melancholie im Sonntagmorgengrauen. Durch diese hohle Gasse bin ich gekommen. Über mir dröhnt ein Zug vorüber. Ich warte. Unten kommt die Bahn. Fährt weg. Ich warte. Erst wenn alles scheißegal ist, macht das Leben wieder Spaß. Loslaufen. Musik ins Ohr. Stir it up!
Conradstraße
- Die Straße auf dem Stadtplan von dresden.de
schön geschrieben, gefällt mir
Und ich dachte echt, das hätte sich endlich erledigt.
Die Conradstraße missbraucht als Bericht über einen Irrweg im Drogenrausch.
Richtig schlecht,
echt.
Gut geschrieben und schon oft selbst so ähnlich erlebt… ;)
Top!
@s.ebnitzer… wie kommst du denn nach Hause, wenn du nicht mehr nüchtern bist, ohne irgendwelche Straßen zu mißbrauchen? Kanalisation? echt ma….
Ich finds schön, dass Straßen auch mal aus der Sicht beschrieben werden, aus der sie eigentlich existieren – als Lebensader. Und das Heimtorkeln gehört schon zum leben. Wen juckt es denn, warum irgendwelche längst schon Toten sich das Privileg verdient haben, ihren Namen auf ’nem blauen Schild zu ’sehen‘? Ich denke, der Einfluss des Marktgrafen auf das Wesen der Straße ist nicht existent (zum Glück). Das der Hunde und Heimtorkler_innen wohl aber schon.
Lieber so, als historisch.
Und ja. Passiert mir auch. Ständig :D
is schon etwas respektlos, wie du hier über den Urvater des sächsischen Königshauses schreibst… aber dann auch noch einen MARKTgrafen draus zu machen… mann mann mann…
Falls sich wer für den großen Konrad interessiert, im Stadtwiki gibt’s dazu reichlich Infos.
… na ja viel mit der Straße hat es echt nicht zu tun, … egal, mir gefällts. Knicks
Und das vermutlich offizielle Zusatzschild in weiß da ganz oben unter dem Straßenschild verwendet tatsächlich diese falschen Anführungszeichen?
Nein, wir haben das Bild gephotoshopped, damit es spannender aussieht. ;-)