Als Kind stellte ich mir unter einer Diakonisse einen Hybriden aus großem Insekt, Frühlingsblüher und Nonne vor. Das ergab keinen Sinn, aber ein lustiges Bild – und mehr brauchte es auch nicht, ich war ja Kind. Heute weiß ich, das die letzte Komponente meiner Fantasie-Mixtur der Wahrheit recht nahe kommt, denn Diakonissen sind das weibliche Pendant zum Diakon und leben in evangelischen Schwesterngemeinschaften, in denen sie sich emsig um ihr Völkchen kümmern. Ganz verblasst das Bild eines Hornissen-Stocks bei dieser Beschreibung nicht, und da Diakonissen keine sozialen Faltenwespen sind, hier visuelles Überleitungsmaterial in die Realität:
Der Diakonissenweg verläuft links am Krankenhaus-Gelände vorbei, macht einen scharfen Schlenker nach rechts und geht kurz hinter der Prießnitzquerung in die Holzhofgasse über, auf der offiziell das Diakonissenkrankenhaus ansässig ist. Namensgeberinnen waren die vier adeligen Gründungsmitglieder der Anstalt: Frau von Brause, Gräfin Louise Charlotte Hohenthal-Königsbrück, Frau von Leipzig und Baronin von Wirsing. Wären die Damen 2002 noch in der Diakonie zugange gewesen, hätten sie nasse Füße und feuchte Augen bekommen, denn die Elbe überschwemmte die Hälfte des Geländes bei der „Jahrhundertflut“. Doch im Normalfall plätschern Prießnitz und Elbe gemächlich dahin.
Verlässt man den Diakonissenweg und folgt der Prießnitz bis zu ihrer Mündung, kann man eine gefiederte Flotte erleben. Hier tummeln sich zwischen Plastikmüll Elbgänse, Möwen, Blässhühner und Mandarinenten. Die teilweise exotischen Paddler haben ihr menschliches Publikum perfekt dressiert – es ist eine Freude zu beobachten, wie Familien auf Kommando Brot ins Wasser werfen! Links von der Manege pendelt die gelbe „Johanna“ täglich hinüber zum Johannstädter Biergarten; erste An- und Volllaufstelle für routinierte Flohmarktbesucher am Sonnabend, sowie Einflugschneise für pilgernde Johannstädter aus Richtung Käthe-Kollwitz-Ufer.
Quietschende Fahrradbremsen sind, hat man der Fähre den Rücken zugewandt, auf Höhe des Eiswagens zu hören. Wenn der Aufschrift des kleinen Mobils Glauben geschenkt werden darf, steht hier ab der ersten Maisonne Luigi an der Ecke Diakonissen-/Radweg und füttert die Menschen mit Eis, die wiederum die Enten mit Brot mästen. Nicht umsonst steht gleich in der Nähe das Eulenschild, welches dieses ausbalancierte Ökosystem als Naturschutzgebiet auszeichnet. Auf dem Weg zurück zur Bautzner Straße präsentiert die Diakonissenhauskirche, das „Herzstück der Diakonissenanstalt“, ihr rundliches Hinterteil, pardon, den Altarraum. Am 22. Februar 2015 wird hier der neue Rektor des Diakos, Dr. Thilo Daniel, mit einem festlichen Gottesdienst eingeführt.
Der Diakonissenweg
- Die Straße auf dem Staddtplan von dresden.de
Zumindest begrifflich liegst Du mit Deiner unklaren Vorstellung gar nicht so schlecht, denn das Wort „Diakonie“ hat einen seltsamen Ursprung: „konia“ ist Staub oder Asche, „diakonia“ bedeutet „durch den Staub / durch die Asche“. Dies war das Selbstverständnis des Dienens der ersten Diakone: durch den Staub kriechen (zu müssen), um denen zu helfen, die im Dreck liegen und sich nicht selbst (heraus-)helfen können. Wohlgemerkt: es war das Selbstverständnis der Hilfeleister, nicht die ihnen auferlegte demütigende Pflicht.
Dort am Diakonissenweg 3-5 steht das „Betreute Wohnen“ der Diakonissenanstalt, das „Schmetterlingshaus“. Beruflich bedingt komme ich in manche Heime, aber das hier ist durch dieses o.g. Selbstverständnis mit Abstand das angenehmste (in Kombination mit dem Pflegeheim „Schwanenhaus“ an der Holzhofgasse). Ich hoffe, dass uns das allen noch lange erspart bleibt, aber wenn, dann dort.
Und keine Sorge vor versteckter Werbung – die Warteliste dort ist so lang, dass sich Werbung erübrigt.
p.s.: Das „rundliche Hinterteil“ wird in der Architektur „Apsis“ genannt.
ooch, ich wollte mal wieder sagen: schöner text!
du machst mir immer wieder gute laune mit deinen wortspielchen und liebevollen beobachtungen. merci, philine!
Haben wir denn eine Chance, auf die Warteliste zu kommen? Nur für den Fall….
Wie meinen, Herr Luther?
@Anton: Fragen wird man dürfen, oder?
Klar, aber wonach?
@ Anton: M-L-Straße und/oder -Platz, tät ich denken.
Ach so. Aha. Na, bis „M“ ist’s ja noch ein bisschen Zeit. So grob orientieren wir uns dann doch am Alphabet.
@anton: ich glaube es geht dem herrn luther um die von ecki genannte warteliste des altenpflegeheims :-)
Warteliste für’s Schmetterlings- oder Schwanenhaus – na, da müsst Ihr einfach mal selber nachfragen (Tel. 8100).
Aber ich habe mich auch noch nicht angemeldet. Hoffe immer noch, etwas Zeit zu haben bis dahin: „Ich war noch niemals in New York“ usw. Aber gerade daran sieht man, wie schnell es auch zu spät sein kann…
@fraufee: genau.
@Ecki: ich hatte gehofft, mit Kontakten zum Ortsgeistlichen könnte das leichter sein; vielleicht mit einem Empfehlungsschreiben :-)
„Aber gerade daran sieht man, wie schnell es auch zu spät sein kann…“
Eben.
@Martin Luther: Empfehlungsschreiben gibt’s dienstags ab 17 Uhr in meinem Amtszimmer.
Aber ob das hilft??? denn schließlich: Vor Gott sind alle Menschen gleich!
Zu einer Bildunterschrift:
Friedrich, nicht Friedrick Kircheis.
Danke für den Hinweis, ich hab’s geändert.
Gerne!