Womit der Bischofsplatz die Bezeichnung „Platz“ verdient hat, liegt in den nebulösen Verwicklungen der Historie verborgen. Er macht eher den Eindruck einer lebhaften Kreuzung, farblich aufgepeppt von „Hechtgrün“ und gleichfarbiger „Ecke“ – dem Pendant zur „Schiefen Ecke“ an Görlitzer-/Louisenstraße. Wo aus dem Späti die Substanzen fließen, beginnt Viertelkultur zu sprießen! Platz da, Platz gefangen, da macht der Bischof als „markanter stadtbildender Bereich“ keine Ausnahme.
Besonders bei lauen Temperaturen tummelt sich der Fanclub der gläsernen Pfandflasche vor dem Bürgerbüro des Bündnis ’90, was nicht heißen soll, dass die Eckensitzer und -steher Begründer einer zweiten Krawallkreuzung sind. Regelmäßig finden kritische Vorträge zu Umwelt- und Politikthemen statt, deren leibhaftige Ableger dann vor dem Lokal Wurzeln schlagen. Und auch wenn die Türen mal geschlossen sind: warten lohnt sich. Irgendwann. Und der Späti ist nicht weit. Ich freue mich jetzt schon auf die Kommentare zu diesem Thema!
Zerzaustes Hechtgrün
Geduldiges Warten gilt auch für das „Hechtgrün“. Zerzaust und unausgeschlafen sieht das Brachgelände in der Februarsonne aus. Nur die großen Metall-Lettern künden von den Sprossen und Trieben, die unterm Frost schlummern. Spätestens zum Hechtfest präsentiert sich das schlummernde Dornröschen als lauschiger urbaner Urwald und die Sonnenblumen drehen ihre Köpfe ins Licht. Die mobilen Beete, in denen zur Erntezeit seltene Kartoffelsorten und Mini-Möhrchen das Licht der Welt erblicken, halten bis zum ersten Garteneinsatz Winterschlaf, aber der Website der Gärtnerinnen und Gärtner der Rudolf-Leonhard-Straße 1 ist zu entnehmen, dass die grünen Däumchen nicht untätig gedreht werden. Die Buchstaben übrigens, die den Schriftzug „Der Hecht“ formen, hingen bis vor sechs Jahren an der Hauswand der Hechstraße 6. „Der elegante Meißner Herrenschuh“ war dort zu lesen.
Die historische Leuchtreklame, angebracht 1961 und in etwa so energieeffizient wie der Versuch, eine Badewanne voll Wasser mit dem Föhn zu trocknen, hinterließ eine öde weiße Wand. Das ändert möglicherweise IT-Techniker Matthias Nehls mithilfe des FabLab Dresden (die Sächsische Zeitung berichtete). Er möchte den leuchtenden Slogan wiederbeleben – wenn auch in etwas sparsamerer Form.
Tagesfilmtheater „TeBe“
Die Erinnerungen an eine andere, kulturelle Institution am Bischofsplatz verblasst dagegen immer mehr. In den späten 60er Jahren wurde das hier ansässige Tagesfilmtheater „TeBe“ geschlossen. Im Jahr 1926 öffnete es seine Pforten für bis zu 500 Besucher. Es war eines von fast 100 ehemaligen Kinos in Dresden, dessen architektonische Zeugnisse verfallen. In der DDR diente der Bischofsplatz nicht nur als Vorführort, sondern auch als Kulisse.
Den Zweiten Weltkrieg überlebte das Pflaster unbeschadet. Aufgrund dieser Tatsache drehte Kurt Maetzig, kontrovers diskutierter Filmregisseur und Mitbegründer der DEFA, hier für den Propaganda-Film „Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse“. Walter Ulbricht lobte den Film für seine Authentizität. Er wusste, wovon er sprach, hatte er doch am Drehbuch fleißig mitgeschrieben. Mitte der 1990er Jahre wurde die Location für kurze Zeit noch einmal belebt. Im Base wurden so abgefahrene Techno-Partys gefeiert, dass sich manch Anwohner über klirrende Gläser im Schrank beschwerte.
Wer Wert auf weiteres fundiertes historisches Hintergrundwissen legt, dem sei ein Spaziergang zu den Kuller-Spielelementen am Bischofsplatz empfohlen: auf grünem Untergrund kann dort Wissen „getafelt“ werden.
Der Bischopfsplatz
- Der Platz auf dem Stadtplan von dresden.de
Straßen und Plätze im Stadtbezirk Neustadt
Nachtrag 2020
Die kahlen Ecken sind inzwischen bebaut, das Hechtgrün umgezogen und der Platz hat eine S-Bahn-Station bekommen.
die Grünanlage am Bischofsplatz – mit ,,Spielplatz“ ist eher etwas fehlgeplant.
Mal sehn ob dieses Jahr das Grün richtig ausschlägt.
Wer sitz schon gern direkt an der Straße im Autoverkehr.
Da muss mehr und höheres Grün hin!!!
woher hat denn der Bischofsplatz nun seinen Namen???
@anni — siehe Bischofsweg, dem im 13. Jahrhundert von den Meißner Bischöfen angelegten Verbindungsweg von Meißen nach Stolpen.
“ Aufgrund dieser Tatsache drehte Kurt Maetzig, kontrovers diskutierter Filmregisseur und Mitbegründer der DEFA, hier für den Propaganda-Film “Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse”.“
Tatsache? :) Kann mir jemand die Szene sagen? Das würde mich wirklich sehr interessieren.
man, bin ich auf einmal so was von müde
@anni
Weiß gar nicht, was Du hast? Warst du letzten Sommer mal da? Ich habe da immer Leute am „Kicker“ stehen sehen und gemütlich auf den Bänken bzw. Rasenfläche relaxen. (Anders, als auch ich es erwartet hatte.) Und wenn es dann doch mal zu laut sein sollte, dann nimmt man eben sein Buch und geht einige Meter weiter auf den Friedhof und setzt sich eben dort unter einen schönen Baum. Wenn ich Ruhe suche, weil ich Stress habe, dann entspannt so ein kleiner Rundgang in dieser Ruhe ungemein. ;)
@Philine
Schade, ein Bild der hofzugewandten bunten Seite der „Rudolf-Leonhard-Straße 1“ fehlt leider.
Und richtig, für Filme war der Hecht auch später noch willkommene, weil authentische Kulisse für Dreharbeiten, so auch Mitte der 80iger Jahre, wo ich mich auch noch an Hakenkreuzfahnen und Leute in SA-Uniformen erinnern kann, sogar sehr gut erinnern kann, weil es einfach zu krass aussah.
Ohne zu wissen welcher Film dass damals war, so glaube ich deshalb aber, dass die Thematik wohl eine sehr ähnliche war, der von 1954, in jedem Fall wurden einige Straßenkampfszenen zwischen der Polizei, der SA und der Arbeiterschaft, nebst den Anhängern um „Teddy“, auf der „Johann-Mayer-Straße“ in Höhe der Eisenbahnrücke gedreht.
@Alraune
Mal `ne bescheidene Frage, sind Dir, und all den anderen unberufenen Kritikern hier, diese „komischen“ Sprüche nicht auch selbst auf Dauer etwas peinlich?
@ Hinz und Schnunz ,wie wird man ein berufener Kritiker ???
@Alraune
Naja, eigentlich gar nicht, oder aber, er wird extra bestellt, was natürlich Zweifel zulassen würde. Auch Negativ ausfallende Kritik, kann durchaus willkommen sein, selbst dann, wenn sie nicht erbeten bzw. man extra zur Kritik aufgefordert wurde. Um auf die Frage klärend zurückzukommen, ein Tippfehler liegt ihr zugrunde. Anstelle dieses „b“ sollte eigentlich dort ein „g“ stehen und zusätzlich vergaß ich dann auch noch den Kritikern Anführungszeichen zu verpassen, denn gelinde gesagt, mit substanzieller Kritik, hat dass, zumindest nach meinem Verständnis, eigentlich wenig zu tun, daher also auch das ständige Klopfen solcher Sprüche für mich mit Dissen* hingegen schon viel besser beschrieben wäre.
*
http://de.wikipedia.org/wiki/Dissen_(Umgangssprache)
;)
Kommentar gelöscht. Siehe Hausordnung. Beleidigung.
@Alraune: Ein berufener Kritiker wird man nicht. Man ist es. Dazu bedarf es nur etwas querulatorisches Potenzial. Die eigentliche Frage liegt darin, wie ich ein meisterlicher Kritiker werde. Ich sage, es braucht Fleiß, Hartnäckigkeit und etwas Humor – denn es ist noch kein Meister von der Brücke gefallen… also nicht müde werden! Du bist jedenfalls auf einem guten Weg:
„Alraune sagt:
14. März 2015 um 21:27
Kommentar gelöscht. Siehe Hausordnung. Beleidigung.“ ;)
@HinzundKunz:
Du hast bescheiden gefragt: „[…] sind Dir, und all den anderen unberufenen Kritikern hier, diese “komischen” Sprüche nicht auch selbst auf Dauer etwas peinlich?“
Nein. Denn wir, die unberufenen Kritiker, wissen, „ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich recht ungeniert.“
@ Anton, ist schon ok, aber es mußte so und nur so gesagt werden.
@philine: da stand stand nicht irgendein eleganter herrenschuh, sondern der elegante MEISSNER herrenschuh.
und an der grünen ecke sitzen und aufs kopfsteinpflaster äugen, hat immer noch was von film kucken. wird zeit, dass es rischtsch frühling wird.
@ fraufee: Hab es geändert – danke für den Hinweis
@ HinzundKunz: Bunte Bilder der Leo 1 hebe ich mir für den Beitrag zu dieser Straße auf ;)
@HuK:
Mit dem Film meinst Du sicher „Taking Sides – Der Fall Furtwängler“ von Istvan Szabo mit Harvey Keitel und Ulrich Tukur. Der Film wurde damals tatsächlich zu einem Großteil in Dresden gedreht: unter anderem eine „Schwarzmarktszeene“ direkt nach dem Krieg unter besagter Eisenbahnbrücke am Bischi.Ich habe einen Filmtrailer gefunden, in dem man bei GENAU 0:20 die Szene unter der Brücke sehen kann (unverwechselbar wegen der charakteristischen Bögen), ebenso bei 1:10 und später bei Timecode 1:16 die Szene mit Harvey Keitel in der Ruine der Trinitatiskirche.
Siehe auch:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-20129434.html
http://www.moviepilot.de/movies/taking-sides-der-fall-furtwaengler
Die Brückenszene ist genau: Eschenstraße,- also Bischofsplatz Richtung Dammweg unter der Eisenbahnquerung.