Gestern Abend fand in der Scheune eine Bürgerversammlung zum Übergangswohnheim Katharinenstraße 9 statt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Ortsamtsleiter André Barth. Im Podium sprachen unter anderem Dresdens Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann und Christoph Stolte von der Stadtmission der Diakonie.
Die Diakonie wird die Flüchtlingsunterkunft leiten. Dafür beschäftigt die Stadtmission einen Leiter und einen Sozialpädagogen. Außerdem wird es eine halbe Stelle für eine Betreuungshilfe geben. Insgesamt sollen 70 Flüchtlinge im Heim untergebracht werden. Gestern kamen die ersten 44 Männer an. Die Flüchtlinge stammen unter ganz unterschiedlichen Ländern, so aus dem Irak, Afghanistan, Libyen und auch aus Syrien. Insgesamt, so Stand heute, sind Flüchtlinge aus elf verschiedenen Ländern im Haus untergebracht.
Pfarrer Christoph Stolte ist überzeugt, dass sich das Heim recht gut managen lässt, weil es vergleichsweise klein sei und damit überschaubar. Als besonderen Vorteil sieht er die große Garage im Erdgeschoss. „In welchem Heim gibt es das schon?“, fragt er rhetorisch. Da dort niemand wohnen werde, könne dort ein guter Begegnungsraum entstehen.
Außer dem Begegnungsraum gibt es ein Einbettzimmer und 18 Mehrbettzimmer. Insgesamt soll die Kapazität von 70 Personen nicht überschritten werden. Rund um die Unterbringung soll es auch eine soziale Betreuung geben. Das reicht von der Vermittlung „lebenspraktischer Regeln“ über Sprachkurse bis hin zur Beteiligung an der Renovierung des Wohnheims. Zur Absicherung des Gebäudes und seiner Bewohner gibt es einen Wachdienst, der rund um die Uhr eingesetzt ist.
Neben der Diakonie als Betreiber engagieren sich Vereine, Initiativen und Nachbarn. So ist das Projektteam „K9 – kreativ – integrativ“ entstanden. Dort engagieren sich unter anderem der Bürger Courage e.V. das Kirchspiel Neustadt, Gewerbetreibende, das Netzwerk Bunte Neustadt und die Projektschmiede. Auch die benachbarten Clubs Downtown und Groovestation arbeiten an dem Projekt mit. Das Projektteam will unter anderem Sprachtraining, gemeinsames Musizieren, eine Schreibwerkstatt, Fotokurse, Theater und Sport organisieren. Außerdem ist für den kommenden Sonnabend ein Willkommensfest geplant. Bei Kaffee und Kuchen soll es die Möglichkeit geben, die neuen Bewohner der alten Feuerwehrschule kennenzulernen.
Im Publikum gab es zu den meisten Informationen verhaltenen Applaus. Auch die Nachfragen waren eher zögerlich und bezogen sich vor allem darauf, wie man helfen könne. Dafür wurden am gestrigen Abend mehrere Kontakte genannt:
- Ansprechpartner für ehrenamtliches Engagement der Stadt Dresden, Clemens Hirschwald, Telefon: 0351 4881442, E-Mail: Ehrenamt-Asyl@dresden.de
- Verein Bürger Courage, E-Mail: info@buerger-courage.de
- Projektschmiede, E-Mail: k9@projektschmiede.net
Darüberhinaus gab es aus dem Publikum die Beschwerde, dass die Infoveranstaltung erst am Tag der Eröffnung des Heimes stattfinde und die etwas allgemein gehaltene Frage, wie es denn mit den Flüchtlingsströmen insgesamt weitergehe. Die Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) erklärte, dass angesichts der weltweiten Situation mit rund 60 Millionen Flüchtlingen nicht davon auszugehen sei, dass sich an der Situation in nächster Zeit etwas ändere. Außerdem verwies sie darauf, dass die Stadt die Pflicht hat, Flüchtlinge aufzunehmen und nur wenig Einfluss auf die Bundespolitik habe.
Eine anwesende Mitarbeiterin des Sozialamtes bat um Verständnis. Die Anzahl der Flüchtlinge, die Dresden unterbringen muss seit in den vergangenen Wochen und Monate so rapide gestiegen, dass alle Kräfte unter Hochdruck arbeiten. Ein zeitigerer Termin für die Info-Veranstaltung sei einfach nicht drin gewesen. Ein Termin für die kürzlich angekündigte zweite Info-Veranstaltung wurde gestern Abend noch nicht genannt.
Die Stadt Dresden teilte heute die aktuellen Flüchtlingszahlen für Dresden mit. Dabei geht es um die Flüchtlinge, welche aus den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Sachsen an die Stadt zugewiesen worden.
Dresden erhielt als Erstzuweisungen seit Januar 2015 bis einschließlich 2. Oktober 2015 insgesamt 2.258 Menschen. Davon sind 1.614 Männer, 286 Frauen und 358 Kinder. Die Menschen stammen aus folgenden Hauptherkunftsländern: Syrien (595), Afghanistan (260), Kosovo (226), Irak (186) und Pakistan (143).
Sie sind in verschiedenen Objekten innerhalb des Stadtgebietes untergebracht. Die Landeshauptstadt verfügt derzeit über 15 Heime mit 1.083 Plätzen und 439 Wohnungen mit 2.642 Plätzen sowie drei derzeit in Betrieb genommene Interimsstandorte mit derzeit 169 Plätzen (Turnhallen) an den Standorten Ginsterstraße (59 Plätze), Terrassenufer (40 Plätze) und Schleiermacherstraße (70 Plätze). Eine weitere Turnhalle in der Thäterstraße (59 Plätze) ist derzeit noch nicht belegt.
- Willkommensfest in der Feuerwache, Katharinenstraße 9, Sonnabend, 24. Oktober, 16 bis 18 Uhr
Nachtrag:
Weil die Frage immer wieder auftaucht. „Warum werden hier nur Männer untergebracht und keine Frauen oder Familien?“
Die Flüchtlingsunterkunft K9 ist eine sogenannte Interimsunterkunft. Sie ist nur mit den nötigsten Mitteln bewohnbar gemacht worden. Die meisten Bewohner sind in Mehrbett-Zimmern untergebracht. Diese Zustände würde das Sozialamt Familien nicht zumuten wollen. Und der Anteil an einzelnen Frauen unter den Flüchtlingen ist extrem gering. Frauen und Familien werden in Dresden dezentral in Wohnungen untergebracht.
Kommentar entfernt – siehe Hausordnung – fremdenfeindliche Hetze
Syrien, Afghanistan, Kosovo, Irak und Pakistan.
Da ist sie, die Hitliste der Länder, welche offen (oder verdeckt mittels Drohnenangriffen) mit „Freiheit und Demokratie“™ bekehrt wurden/ werden…
Der Satz „…und nur wenig Einfluss auf die Bundespolitik habe.“ müsste eigentlich ergänzt werden um „welche wiederum keinerlei Einfluss auf die amerikanische „Friedens-„politik hat.“
Auch wenn der Zeitpunkt der verspäteten Infoveranstaltung denkbar ungünstig war, lässt der Bericht doch erkennen, dass die kleine Gruppe von Männern in unserer Neustadt gut aufgenommen werden wird. Danke an alle Beteiligten, die sich selbst noch etwas wert sind und helfen, dass man unter „deutschen Werten“ nicht vor allem Stumpfsinn und Ausgrenzung versteht.
@Anton: Du hast schon an anderer Stelle Kommentarspalten geschlossen, ich könnte mir vorstellen, diese hier ist auch fällig.
Peter
Gute Idee. Danke. Ich hab auch gleich noch bisschen aufgeräumt.