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Eine Kirche für die bunte Republik

Die Neustadt hat eine neue Kirche. Dort gibt es Wein ohne Abendmahl, Gottesdienste zu unchristlichen Zeiten und ziemlich viel Verständnis für Agnostiker.

Das letzte Mal in der Kirche war ich vergangenes Jahr zu Weihnachten – und ich habe mir geschworen, es dabei zu belassen. Die Pfarrerin in unserer Dorfkirche begründete die Gleichheit der Menschen vor Gott damit, dass schon Klein-Jesus in seine Windel gekackt habe und trotzdem von seinem Vater geliebt worden sei. Dazu breitete sie theatralisch eine weiße Windel vor sich aus. Ich ging noch vor dem Schlusssegen.

Vom Fragebogen zur Kirchengründung

Nun bin ich auf dem Weg zur Bunten Kirche Neustadt (BKN) auf dem Bischofsweg.  Meine Erwartungshaltung beim Betreten des gemütlichen Raumes liegt irgendwo zwischen Frustration und letztem Hoffnungsschimmer. Empfangen werde ich von Peter Jost, seiner Frau Simone und Christian Schönfelder. Sie sind drei von insgesamt sieben Vereinsmitgliedern, die das Projekt einer alternativen Kirche für die Neustadt vor eineinhalb Jahren in Angriff genommen haben.

Christian Schönfelder, Simone und Peter Jost (mit Tochter) vor ihrer untypischen Kirche
Christian Schönfelder, Simone und Peter Jost (mit Tochter) vor ihrer untypischen Kirche
Peter Jost arbeitet an seinem Doktor der Theologie, weswegen der hintere Raum der BKN nicht nur als Lager und Aufenthaltsraum, sondern auch als Arbeitsplatz genutzt wird. Seine Frau Simone unterstützt ihn dabei. Währnd der BRN-Feierlichkeiten 2010 befragten die beiden etwa 150 Neustädter Bürger nach ihrem Verhältnis zu Glauben und Kirche. Die Resultate waren ernüchternd. Es wurde ersichtlich, dass traditionelle Erklärungsversuche der Kirche nicht mehr greifen. Den Josts drängte sich die Frage auf: Wie glaubwürdig ist der Glaube, den wir leben? Sie beschlossen, ein neues Kirchenkonzept zu entwickeln.

Im Jahr 2009 traten sie ins Gespräch mit der evangelischen Landeskirche, drei Jahre später wurde ein Kooperationsvertrag mit Eckehard Möller, Pfarrer der Martin-Luther-Kirche, geschlossen.

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Eine Kirche ohne Kirche?

„Wir wollen besonders die Menschen ohne spirituelle Heimat erreichen“, sagt Peter Jost. „Menschen, die generell für sich ausschließen, gläubig oder kirchlich sein zu können, wollen wir aufzeigen, wieviel Aktualität in biblischen Texten steckt.“ Peter Jost und Christian Schönfelder haben einen Gottesdienst für Erwachsene, den ‚Feierabend‘, entwickelt. Er findet alle zwei Monate donnerstags statt. Statt der klassischen Predigt gibt es poetische Lesungen, anstatt der Gebete Gesang. Danach wird bei Wein und Bier über Lebensfragen diskutiert.

„Unsere Botschaft ist gut genug, um sie nicht zu verstecken.“

Ein bisschen Poetry Slam, ein bisschen Karaoke und danach ein Umtrunk – klingt nach einem ganz normalen Verein. Wo steckt denn da jetzt die Kirche?  „Wir wollen unsere christlichen Werte auf keinen Fall nebenbei unter der Tür durchschieben“, versichert Simone Jost.  „Unsere Botschaft ist gut genug, um sie nicht zu verstecken. Wir möchten den Dialog offener und breiter gestalten, und durchaus auch streitbar.“

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Peter Jost ergänzt: „Wir wollen keine Frontalpräsentation bieten, sondern ein Buffet aus Vorschlägen und Angeboten“. Gesungen werden beim Feierabend beispielsweise bekannte Pop-Songs, von U2 und Sting. „Viele wundern sich, wie christlich durchdrungen diese Texte sind“, sagt Jost schmunzelnd.

Im Zentrum der Bunten Kirche Neustadt stehen soziale Begegnung und Austausch. „Das ist auch als Gegenprogramm zu der Vereinzelung des Menschen in einer kapitalistischen Gesellschaft zu verstehen“, sagt Peter Jost. Zur eigenen Glaubwürdigkeit gehört, dass der Kaffee und die Kekse auf dem Tisch fair gehandelt sind.

Vom Club Alpha bis zum Wohnzimmerkonzert

Einmal wöchentlich bietet die BKN kostenlos Spielzeuge für Kinder auf dem Alaunplatz an. In Kooperation mit der 4. Grundschule gestaltet die BKN die Hofpause und die Schulfeste. Auch der Club Alpha mittwochs im Stadtteilhaus wird von der BKN ausgerichtet. „Uns ist wichtig, Kindern Rüstzeug mitzugeben“, sagt Simone Jost. „Wir möchten ihnen beibringen, dass jenseits von Leistungsdruck und der Anerkennung durch andere ein Gott exisitiert, der sie bedingungslos akzeptiert und liebt.“ Für Erwachsene bietet die BKN neben dem Feierabend zweimal im Monat das Café Freitag zum Basteln, Nähen und Quatschen und immer donnerstags die ‚Auszeit‘, eine Gebets- und Meditationsrunde, an. In Planung ist zudem eine Wohnzimmerkonzertreihe.

Ein Weihnachtsgottesdienst ist für den zehnten Dezember anberaumt – huch! Das ist doch ein Donnerstag! Was für eine unorthodoxe Zeit. „Wir glauben, dass viele Neustädter aus diversen Gründen sonntags lieber zu Hause bleiben“, erklärt Simone Jost lächelnd.

Immernoch führen die beiden Interviews für die Doktorarbeit durch und sammeln Erkenntnisse und Inspirationen. „Ich kann die Leute, die abschreckende Erfahrungen mit Kirche gemacht haben, zutiefst verstehen. Aber ich merke auch, wie gern sie dennoch über existentielle Fragen debattieren. Dafür wollen wir einen Raum geben“, sagt Simone Jost.

Ich für meinen Teil habe den vagen Verdacht, dass ich mich hier als orientierungslose Konfirmandin irgendwie wohl gefühlt hätte.

Informationen

  • Bunte Kirche Neustadt, Bischofsweg 56, 01099 Dresden, Telefon 0351 3745163
  • info@bunte-kirche-neustadt.de; www.bunte-kirche-neustadt.de

55 Kommentare

  1. @Anton: Beim Interview zu viel Wein und oder Bier bekommen? Oder warum wurde da was für den 10. Dezember angebraumt?

  2. Sehr schön.

    Allerdings wäre mir alle zwei Monate etwas zu selten. Wem das ähnlich geht, dem sei das neue super duper Konzept „Church 2 go (DIY)“ empfohlen: Bei mir ist die Kirche z.B. gerade in meiner Wohnung. Gottesdienste finden hier wahlweise auf dem Balkon statt mit einem Rioja und einer selbstgedrehten Zigarette oder mit Freunden in der Küche beim Kochen oder Musizieren oder – wenn’s gut läuft – mit einer Frau im Bett. PREISET DEN HERRN!

  3. Also auch wenn ich nicht überzeugt von Religion im allgemeinen bin, finde ich das Projekt in sofern gut, dass es eventuell Barrieren zwischen Gläubigen und Ungläubigen beseitigt. Ein bisschen Hintergrundwissen über dieses und jenes schadet keinen noch Verständnis noch „vernünftig“ über dieses und Jenes nachzudenken.

    Ganz nach dem Motto:

    Durch unser Wissen unterscheiden wir uns nur wenig, in unserer grenzenlosen Unwissenheit aber sind wir alle gleich.

    Karl Raimund Popper (1902-94)

  4. Ich fände eine Islamschule passender … oder irgendwas mit Pantheismus, immer dieser monotheistische Bekehrungssoße … ;)

  5. „Uns ist wichtig, Kindern Rüstzeug mitzugeben“, sagt Simone Jost. „Wir möchten ihnen beibringen, dass jenseits von Leistungsdruck und der Anerkennung durch andere ein Gott exisitiert, der sie bedingungslos akzeptiert und liebt.“

    Da hört bei mir der Spaß aber auf …

    Ehe ich mich hier lang und breit auslasse möchte ich mich eines Zitates bedienen was es mE ganz gut auf den Punkt bringt:

    „Religion is like a penis. It’s fine to have one and it’s fine to be proud of it, but please don’t whip it out in public and start waving it around… and PLEASE don’t try to shove it down my child’s throat.“
    bzw.
    Religion is like a penis. It’s okay to have one. It’s okay to be proud of it. HOWEVER, do not pull it out in public, do not push it on children, do not write laws with it and do not think with it.“

  6. @Lalilu – Das finde ich auch das Interessante, dass die BKN Kirche anders versteht und anders lebt. Insofern sind die Berührungsängste vielleicht nicht so groß, wie bei einem konventionellen Gottesdienst.

  7. liebe Lalilu,
    ich habe in meinem leben ausreichend christliche dinger erfahren dürfenmüssen. sowohl evangalisch als auch katholisch.
    ich bin so frei, kurz zu zitieren:
    „Wir wollen besonders die Menschen ohne spirituelle Heimat erreichen“, sagt Peter Jost. „Menschen, die generell für sich ausschließen, gläubig oder kirchlich sein zu können, wollen wir aufzeigen, wieviel Aktualität in biblischen Texten steckt.“
    es mag wie gesagt jeder für sich machen, was er will und für recht hält; mir is das und auch die ansagen zu grau. gerade in bezug auf grundschulkinder.
    nix für ungut, aber… ;)

  8. Vielen Dank Philine für den provokativ-wertschätzenden Artikel, wenn auch manche Info über uns nicht ganz korrekt und das eine oder andere Zitat mehr Interpretation als O-Ton ist ;). Wer sich ein eigenes Bild von der „Bunten Kirche Neustadt“ machen will, sei herzlich eingeladen auf dem Bischofsweg 56 vorbeizuschauen. Zum Beispiel am Mittwoch, den 2. Dezember, um 18:Uhr, wenn sich unsere Advenster-Tür zu einem adventlichen Puppentheater öffnet.

  9. Hallo Lucy und Goldi,
    ich kann nachvollziehen, dass manche Aussage von uns in diesem Artikel euch irritieren und ihr mit Religion nichts Positives verbinden könnt (kein Wunder bei all dem, was im Namen Gottes geschehen ist und geschieht). Darum ein paar Richtigstellungen: Wir geben Kindern kein „Rüstzeug“ mit und „bringen auch niemanden etwas bei“ (nicht unser Wortlaut). Vielmehr laden wir dazu ein, neue, hoffentlich positive Erfahrungen mit Religion zu machen (im Hinblick auf Kinder: selbstwertstabilisierende Erfahrungen und christliche Werte wie Freundschaft, Gerechtigkeit und Mitgefühl). Weder drängen wir jemanden unseren Glauben auf, noch manipulieren wir Kinder. Ich bin aber froh, dass wir nicht in einer atheistischen Diktatur oder in einem theokratischen Gottesstaat leben, sondern in einer Demokratie, in der Religionsfreiheit herrscht und Eltern selbst entscheiden dürfen, welche Erfahrungen ihre Kinder machen sollen. In diesem Sinne wünsche ich Euch einen schönen Tag und schaut doch bei Gelegenheit auf einen Cappuccino vorbei. Liebe Grüße, Peter

  10. @ Peter – BKN
    Danke für deine Antwort.
    Ich habe das Zitat auch aufgrund der ersten Zeile „It’s fine/okay to have one (…)“ gewählt.
    Auch wenn ich persönlich(!) der Meinung bin das jede Form der (im weiteren Sinne) „Religion“ negativ zu bewerten ist (das lasse ich einfach mal so stehen, eine tiefgreifendere Erklärung wäre an anderer Stelle ggf. auch persönlich sinnvoller als hier), heißt das noch lange nicht, dass ich dieses als solche verbieten o.Ä. möchte. Ganz im Gegenteil ich halte es für wichtig in einer Gesellschaft zu leben in der auch dafür (sprich für Menschen die Religion etc. „nachgehen wollen“) Raum ist.
    Zu den Kindern:
    Die von dir genannten Werte („wie Freundschaft, Gerechtigkeit und Mitgefühl“) halte ich auch für sehr wichtig jedoch würde ich(!) sie nicht unter dem Label „christliche Werte“ laufen lassen ;-)
    Ich persönlich finde es sinnvoll Kindern (vor allem den eigenen) gegenüber einigermaßen wertneutral zu sein was Religion betrifft. (soweit dies möglich ist! mir ist völlig bewusst dass es eine absolute Neutralität nicht geben kann)
    D.h. dass ich durchaus erkläre dass es Menschen gibt die an dies oder jenes glauben – ich dies jedoch nicht tue.

    Auf deine freundliche Einladung komme ich gern zurück
    Viele Grüße
    L

  11. @Julia: Der Islam ist entstanden, weil Mohammed den absoluten Monotheismus wollte, den er im Christentum nicht mehr gewährleistet sah („Dreieiniger Gott – Vater, Sohn und Heiliger Geist“ – vielleicht ähnlich zu interpretieren wie beim Wasser mit seinen drei Aggregatformen fest – flüssig – gasförmig, aber eben alles nur ein und dasselbe Wasser). Da hatte Mohammed eventuell was nicht richtig verstanden, weil es ja auch schwer zu verstehen ist.
    Aber Du, Julia, weißt dann gar nicht mehr, was Du willst…

  12. @Lucy: Ich als jemand, der -auch- absolut nichts mit Religionen am Hut hat, glaube, dass Du völlig falsch liegst.

    Menschen glauben immer an irgendetwas. In eher atheistischen Gesellschaften, in denen es halt nicht „hipp“ ist an Götter zu glauben, glauben die Menschen an irgendwas anderes. Nicht ohne Grund spricht man dann von „Ersatzreligionen“. Westernhagen sang mal: Ich glaube an die Deutsche Bank, denn die… Denke einmal weiter an Themen, die eher ideoligisch motivierten „Wertvorstellungen bis zum Verlust des gesunden Menschenverstandes“ entsprechen. Beispiele kannst Du Dir selbst ausdenken, hier vielleicht nur ein paar Denkanstöße (Ja ich weiß, der Shitstorm wird gleicht wieder losgehen…): Willkommenskultur. Umweltschutz. Veganerismus. Autohass. Ablehnung jeglicher Erziehung. Antiautoritarismus. (Richtige Bezeichnungen? Egal.) Kurzum: Auch Du glaubst an sehr viele Dinge, rund um die Uhr, derer Du Dir nur nicht bewusst bist.

    Um nun den Bogen zu schließen: Was ist schlimm daran, wenn Menschen einer Religion huldigen? Was ist schlimm daran, wenn sie sich organsieren und Angebote unterbreiten? Richtig: nichts. Hauptsache: Niemand wird gezwungen. Und schlussendlich muss sich jeder täglich fragen: Wie stehts um meine Toleranz, meine Buntheit, meine Weltoffenheit….? Denk mal drüber nach. ;)

  13. Hallo Karsten,
    du hast aber schon meinen ganzen Beitrag gelesen?

    Zitat:
    „Ganz im Gegenteil ich halte es für wichtig in einer Gesellschaft zu leben in der auch dafür (sprich für Menschen die Religion etc. „nachgehen wollen“) Raum ist.“
    Ich denke nicht, dass es mir an Toleranz mangelt …
    Vergleich dazu:
    „Toleranz, auch Duldsamkeit,[1] ist allgemein ein Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten.“
    –> das sagt wiki …

    Das es nicht nur Religionen sind an die Menschen „glauben/hinterherlaufen etc“ sondern ggf „Materielle Dinge“, Ideologien, Idole etc etc ist mir nicht neu. Das dies immer so ist würde ich verneinen.
    Danke für den Denkanstoß aber da rennst du bei mir offene Türen ein ;-)

  14. Gut gemeint, aber die Geschichte beweist leider, daß die Synthese von Religion und Toleranz (oder besser gesagt die Trennung von Religion und Dogma) gesellschaftlich immer zum Scheitern verurteilt ist. Ich bin getauft und konfirmiert, habe viele Jahre, die zu den glücklichen meines Lebens zählen, am Gemeindeleben teil genommen (allerdings noch in einem anderen Land). Ich habe tolle gläubige Menschen kennen gelernt.
    Aber: Ohne die mit unendlich viel Blut und Gräueln ertrotzte (wenigstens teilweise) Säkularisierung unserer Breiten wären diese tollen und aufgeklärten Menschen – und vielleicht sogar ich! – vermutlich auch nur fanatische Jubler und potentielle Kopfabschneider geworden.

    Deshalb: Seid vorsichtig mit dem, was Ihr in die Köpfe Eurer Kinder pflanzen laßt, besonders wenn das Wort „Werte“ fällt. So gut die Absichten auch sein mögen – Glaube ist immer das Gegenteil von Wissen. Wenn Ihr etwas in die Köpfe Eurer Kinder pflanzen wollt, dann die Fähigkeit, a) Empathie zu lernen, b) sich IMMER seines Verstandes zu bedienen, Kritik und Reflexion, auch wenn es schwer fällt, c) sein Gefühle nicht zu unterdrücken, sondern zu moderieren d) den Irrtum (auch den eigenen) als die Triebfeder jeder persönlichen und gesellschaftlichen Entwicklung anzunhemen.
    Wenn Eure Kinder mit diesen Fähigkeiten später (!!!) der Meinung sind, daß ihnen dafür ein Glaube nützlich ist, dann ist das in Ordnung.

    Religionsfreiheit bedeutet in erster und letzter Konsequenz das Recht auf Freiheit von Religion. Und das kann die Welt nur besser machen. (Wer mir jetzt mit dem Buddhismus kommt, der gebe das Wort „Rohingya“ und „Genozid“ in eine Google-Suche.

    Aus Sicht der Philosophie ist das Thema Religion eigentlich seit 150 Jahren vollumfänglich gegessen, wir bräuchten es wirklich nicht mehr … eigentlich. Im wirklichen Leben wird sie der Menschheit – mittelbar oder unmittelbar – noch unendlich viel Leid und Blut bringen.

    Wer noch mehr Input braucht – z.B. hier:
    http://das-blaettchen.de/2015/09/laizismus-jetzt-34006.html

  15. @Lucy: Und jetzt haben wir den Punkt erreicht, an dem offensichtlich wird, dass wir auf Basis unterschiedlicher Erkenntnisstände argumentieren. (An dieser Stelle schaue ich mal großzügig über Deine leicht besserwisserische und herablassende Tonart hinweg. ;) )

    Setze Dich doch mal etwas mit der tieferen Bedeutung und den Unterschieden von „etwas wissen“, „etwas denken“ und „etwas glauben“ auseinander. Hierzu ein Wortspiel, welches nur als erklärendes Beispiel dienen soll: Kinder glauben, alles besser zu wissen als die Eltern. Eltern wissen, dass die Kinder das glauben.

    Wenn Du das hinterstiegen hast, denke mal drüber nach, an was Du in Deinem bisherigen Leben schon alles so geglaubt hast. Stichworte: Weihnachtsmann, Osterhase, Weltfrieden, Party bis ins hohe Alter und Co. Irgendwann wirst Du erkennen, dass Du auch jetzt an Dinge glaubst, an die 100-Jährige schon lange nicht mehr glauben. Nur, dass Du Dir nicht bewusst bist, dass Du es nicht wirklich weißt, vielleicht nicht mal denkst, sondern einfach nur glaubst.

    Und hier schließe ich den Kreis und behaupte erneut: Menschen glauben immer. Irgendwas. Erkenne lieber, dass Menschen gerne GLAUBEN, die Ausgeburt ihrer eigenen Intelligenz und mithin das Schlaueste zu sein, was die Welt bisher gesehen hat. Also: Lass den Menschen ihren Glauben. Egal ob an Gott oder was auch immer.

  16. „Ein Weihnachtsgottesdienst ist für den zehnten Dezember anberaumt“

    Jemand mit Prädikantenausbildung und Theologiestudium sollte Weihnachten und Advent schon auseinanderhalten können.

  17. Hallo Karsten, mir scheint, Du wirfst hier alles, vor das man grammatikalisch korrekt das Verb „glauben“ stellen kann, in einen Topf!
    Es ist schon ein Unterschied, an eine höhere Macht zu glauben oder daran, dass Obst gesund ist! Dass einige aus der (nachweisbaren, experimentell beliebig wiederholbaren, ohne Zweifel objektiv richtigen) Aussage „Obst ist gesund“ einen u.U. übertriebenen Lebensentwurf à la Frutarier o.ä. ableiten, ggf. mit entsprechendem missionarischen Eifer usw. usf. der möglicherweise an das Verhalten von Menschen gemahnt, die einer Religion anhängen, ändert nichts daran, das die Grundvoraussetzung erstmal völlig korrekt ist. Eine Tatsache, die Gott-Gläubige kaum für sich in Anspruch nehmen können.

  18. @Sabine: Vielleicht liegt das Missverständnis auch bei der Autorin. Vor einem Jahr wurde hier in einem Artikel Pfarrer Möller in den Mund gelegt, am 2. Advent würden in der Martin-Luther-Kirche am Nachmittag Weihnachtslieder gesungen. Das wurde schließlich berichtigt.

    Der Satz Philines geht ja übrigens weiter:
    „Ein Weihnachtsgottesdienst ist für den zehnten Dezember anberaumt – huch! Das ist doch ein Donnerstag! Was für eine unorthodoxe Zeit.“
    Ihr ist dabei offenbar nicht klar, dass die Weihnachtstage (im Unterschied zu Ostern) vom Datum her fest terminierte Feiertage sind, also nicht stets auf einen Sonntag fallen, sondern alle Wochentage betreffen.

  19. Hallo Sabine, Du hast recht. Advent und Weihnachten sollte jeder Christ auseinanderhalten können. Aber vielleicht ist es ja gar nicht die Unwissenheit über die Tradition des westlichen Christentums, die hinter unserer Idee steckt, am 10.12. einen weihnachtlichen Gottesdienst zu feiern. Denk mal darüber nach. Übrigens feiern koptische und die meisten orthodoxen Christen Weihnachten am 6./7. Januar. Und aufgrund des palästinensischen Klimas schließen Religionswissenschaftler aus, dass Jesus im Monat Dezember zur Welt gekommen ist. Es sind also weder theologische noch historische Gründe, sondern traditionell-kulturelle (z.B. war vor der Christianisierung des Römischen Reiches durch Konstantin der 25.12. Festtag des römischen Sonnengottes Sol), die dafür sprechen am 24./25. Dezember Weihnachten zu feiern. Fröhliche Weihnachten ;-)!

  20. @Peter: wieso sollte Jesus nicht im Dezember geboren sein? Was hat das mit dem Klima zu tun? Das höre ich so zum ersten Mal.

    Natürlich haben wir keine Geburtsturkunde von Jesus. Daher musste nach einem Datum zum Feiern gesucht werden; und gleichzeitig sollte ein ursprünglich heidnisches Fest („sol invict“) damit christlich belegt (=blockiert) werden: 25. Dezember. Der Heilige Abend am 24. ist nur der Ungeduld der Kinder auf ihre Geschenke geschuldet. Manche machen bereits einen „Heiligen Mittag“ draus, und ganz Eilige feiern sogar am 23. „vorweihnachtliche Vespern“; naja…

    Wenn dann aber schon ein Datum gesetzt ist, sollten die Zeiten nicht verwischt werden. Weihnachten ist Weihnachten, Advent ist Advent. Dann müssen wir uns auch nicht mehr beschweren, dass wir am Heiligen Abend „Stille Nacht“ kaum noch ertragen können, weil es bereits drei Wochen lang aus jedem Lautsprecher dudelte…

  21. So eine Einstellung darf man haben, dann sollte man aber nicht auf eine lutherische Kanzel. Entweder ich will eine klare Botschaft übermitteln oder bin eben ein Gemischtwarenladen.

  22. @Ecki:
    Ecki: „Das höre ich zum ersten Mal.“
    Ja, das soll vorkommen :).

    Ecki: „Dann müssen wir uns auch nicht mehr beschweren, dass wir am Heiligen Abend ‚Stille Nacht‘ kaum noch ertragen können, weil es bereits drei Wochen lang aus jedem Lautsprecher dudelte…“
    Tatsächlich ist auch für mich dieser Klassiker am Heiligen Abend kaum noch zu ertragen, was aber weniger an der Wiederholungsrate zur eigentlich unpassenden Adventszeit liegt, sondern eher daran, dass Text und Musik von romantischem Schmalz derart strotzen, dass man für alle Gottesdienstbesucher reichlich „Fettbemme“ davon schmieren könnte. Und dann wäre ja da auch noch „O Du Fröhliche“. So raffiniert wie ein Holzhammer, der einem auf den Schädel saust.

  23. Eine Bitte um Entschuldigung dann an Philine, allerdings klingt „weihnachtlicher Gottesdienst“ (so Peter) dann schon ein wenig anders als Weihnachtsgottesdienst. Dennoch würde ich Ecki recht geben; sinnvolle Grenzen sollte man nicht unbedingt verwischen. Die Adventszeit ist ohnehin schon kurz, und sie hat eben auch eine wichtige Funktion (der innerlichen Vorbereitung und Einstimmung auf das Weihnachtsfest). Auf der anderen Seite wird in vielen Kirchen während der Adventszeit das Bachsche Weihnachtsoratorium aufgeführt, so auch (ganz oder zumindest in Teilen) in der Martin-Luther-Kirche

  24. @ Gerhard Die Adventszeit ist ohnehin schon kurz, …?, dass sehe ich ganz anders. Für mich ist es ein einziges Desaster, seit heute Weihnachtdekoration direkt vor meinem Fenster. Ganz klares. Bäh

  25. @Karsten: Man merkt, du hast keine Kinder :-)

    Kinder „wünschen“ sich, alles besser zu wissen als die Eltern. Manchmal, aber nur manchmal glauben sie daran. Im Grunde aber „wissen“ sie, dass dem nicht so ist.
    Und das darfst du einer vierfachen Mutter getrost glauben…

  26. In Bezug auf Zeit und Unzeit fragt sich doch auch, wann ein Gottesdienst denn „weihnachtlich“ ist und wann nicht. Traditionelle Weihnachtslieder werden beim Feierabend auf jeden Fall nicht gesungen. Und auch die Lesung der „Weinhachtsgeschichte“ des Lukasevangeliums wird in der gewohnten Form keine Rolle spielen. Es wird kein Krippenspiel geben und wir werden die Leute auch nicht anhalten, mitten im Advent Weihnachten zu feiern (was die meisten Leute wohl als Aufforderung verstehen würden, ihren Kindern Geschenke zu machen). Insofern könnte man auch gerne von einem „adventlichen Gottesdienst mit inhaltlich weihnachtlichen Anklängen“ sprechen ;), was so durchaus auch für etliche traditionelle Gottesdienste im Advent gelten kann. Was auch nicht verwundert, schließlich ist die weihnachtliche Botschaft eines der zentralen christlichen Themen. Außerdem fühlt sich das ganze Projekt der Idee des Kirchenjahres sehr verbunden. Themen und Texte der Angebote mit christlichem Inhalt orientieren sich nach Möglichkeit daran.
    Abgesehen davon kann es hin und wieder sicher nicht schaden (ganz bewusst und nicht etwa aus Unwissenheit oder Bequemlichkeit), eine Sache einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten. Unter Umständen kommt dabei eine versteckte Facette eines betimmten Festes oder einer nicht mehr hinterfragten Tradition zum Leuchten.
    @Sabine:
    Warum ein experimenteller Umgang (und da ist die unorthodoxe Verschiebung eines Themas im Kirchjahr nun eigentlich kein so besonders großes Experiment) mit Formen und Traditionen nun zwangsläufig auch der Klarheit der Botschaft einen Abbruch tut, sehe ich nicht so recht. Ebensowenig verstehe ich nicht ganz, warum Peters Exkurs über die kulturelle Bedingtheit des Weihnachtstermins ihn für die lutherische Kanzel disqualifizieren sollte.

  27. @ Jo: „Glaube ist immer das Gegenteil von Wissen“
    @ Seldon: „ohne Zweifel objektiv richtige Aussage“
    Entschuldigt bitte meinen Einwurf, aber mich juckt es in den Fingern festzuhalten, dass eure Aussagen wissenschaftstheoretisch und philosophisch überholt sind. Bereits Kant sagte, dass wir keinen Zugang zu dem „Ding an sich“ haben, sprich zu objektiven Wissen. Und der Mathematiker Gödel wies nach, das selbst die als sicherste aller Wissenschaften geltende Mathematik auf Axiomen beruht, die man glauben muss. Das heißt Glauben und Wissen sind keine Gegensätze, vielmehr können wir nur wissen, indem wir glauben. Jeder Art von Wissen geht der Glauben voraus. Das heißt, wir wissen immer nur subjektiv und mit dem persönlichen Risiko, das wir mit unserem Wissen falsch liegen. Die aufklärerische Vorstellung von der Vernunft als unabhängigen Maßstab des Wissens ist längst als falsch erwiesen worden. Das Wort Vernunft verrät, dass wir immer zuerst etwas vernehmen müssen, also etwas bewusst oder unbewusst unser Vertrauen schenken, um zu wissen. Thomas Kuhn hat in seinem Buch „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“ gezeigt, dass der Wechsel wissenschaftlicher Erklärungsmodelle religiösen Konversionen gleichen. Dabei sind Wissenschaftler herausgefordert einem Paradigma zu glauben oder eben nicht zu glauben. Fazit: Jedes Wissen beruht auf Annahmen, die wir glauben, die aber nicht bewiesen werden können. Die Ansicht Wissenschaft ermittle Fakten und objektives Wissen, während Religion rein subjektive Glaubensansichten vertrete, ist ein wissenschaftlich nicht haltbarer Volksglauben.

  28. Weil ja schon über hypothetische Geburtstermine hypothetischer Personen spekuliert wurde:

    http://hpd.de/node/12044
    Das Buch „Falsche Zeugen. Außerchristliche Jesuszeugnisse auf dem Prüfstand“ (Detering) zeigt, dass auf die als Belege für die Existenz Jesu herangezogenen antiken Quellen kein Verlass ist.

    Das Christentum hat den Grundgedanken des sterbenden und auferstehenden Mysteriengottes mit dem des auf die Erde kommenden und wieder zum Himmel fahrenden gnostischen Erlösers kombiniert und daraus einen ganz selbstständigen, eindrucksvollen Mythos geschaffen. Der war ursprünglich noch ohne zeitliche Fixierung. Erst gegen Mitte des 2. Jahrhundert entstanden daraus die heutigen Evangelien. Darin wird Jesus als geschichtliche Person unter Pontius Pilatus dargestellt. Zugleich wurden dabei die kirchlichen Auseinandersetzungen des 2. Jahrhunderts in die vermeintlichen Anfänge im ersten Jahrhundert zurückprojiziert. Die Weichen für diese ganze Entwicklung wurden in Rom gestellt.

  29. @Seldon: Und schon sind wir wieder beim „Glauben“. Die einen glauben das – die anderen das. Ich finde es schon befremdlich, wenn ein evangelischer Theologe solche Ansichten hat – aber auch er soll glauben dürfen was er will (zumal er nicht mehr als Pfarrer tätig ist). Und er hat ja auch Anhänger seiner Thesen gefunden. Von „Wissen“ kann man aber diesbezüglich nicht sprechen, da keiner mehr nachprüfen kann, wie es wirklich war. Ich kann nur den Schriftstücken, die es gibt, glauben – oder aber den Zweiflern. Und so ist es mit vielen Dingen. Und jeder glaubt irgendetwas. Ob man dann das Verb „glauben“ in jedem Fall religiös bewerten muss, ist noch eine ganz andere Frage. Das hängt dann wohl auch damit zusammen, ob das, was ich glaube, für mich lebensentscheidend ist oder nicht und ob ich es nur für mich oder auch für andere so sehe.

  30. Hallo Radsler,
    es gibt auch Leute, die glauben, Hitler lebe im Inneren der Hohlwelt weiter. Auch wenn man von „Wissen“ diesbezüglich nicht sprechen kann, da keiner mehr nachprüfen kann, wie es wirklich war, würde ich doch denken bzw mit Sicherheit behaupten zu wissen, dass dem nicht so ist!
    Diese Relativierung von Wissen und Gleichsetzung mit wissenschaftlicher Erkenntnisse mit irrationalen Glaubenssätzen à la: „Ich glaube an die Schöpfung, Du an die Evolution…ist ja beides nicht nachprüfbar“ nicht nur falsch sondern gefährlich!

  31. Hallo Seldon,
    es gibt auch Leute, die alles in Frage stellen. Es ist sicher nicht verkehrt, nicht alles unreflektiert hinzunehmen und bestimmte Dinge auch mal zu hinterfragen. Was sind denn aber die Beweggründe, Dinge in Zweifel zu stellen, die man nicht mehr nachprüfen kann? Es führt doch zu keinem Ergebnis – jede neue These bleibt eine These und ist aus meiner Sicht noch zweifelhafter als die ursprüngliche. Das halte ich für gefährlich. Und Ihr Beispiel ist gerade sehr unglücklich gewählt, weil Sie hier eine Theorie (Evolutionstheorie) mit wissenschaftlicher Erkenntis gleichsetzen. Und es stellt sich auch hier die Frage nach den Beweggründen, warum man die uralte (nicht wissenschaftliche Sicht) der Schöpfung durch eine neue Theorie ersetzte: Aus meiner Sicht war es zum einen das nicht glauben wollen an einen Gott und zum anderen der Wunsch, alles ganz genau wissen zu wollen. Gegen letzteres spricht absolut nichts – ersteres hat aber nichts wissenschaftliches sondern nur ideologisches. Und vieles und grundsätzliches kann man mit der Evolutionstheorie nicht erklären – es bleibt eine Theorie. Da fällt es für mich leichter, an einen Schöpfer zu glauben.
    Und was den Begriff „Wissen“ betrifft – selbst wissenschaftliche Erkenntnis ändert sich. Doch ich stimme Ihnen auch zu, dass es gefährlich ist, wenn man jede abstruse Idee ernst nimmt oder gesicherten Erkenntnissen gleichstellt. Diese Relativierung war nicht mein Anliegen.

  32. Hallo Ecki,
    kurz gesagt: Jede Form von Schöpfungsglaube, auch wenn er möglicherweise die Schöpfungsgeschichte der Bibel nicht mehr so wörtlich nimmt, setzt einen Schöpfer voraus. Die Evolutionslehre kommt ohne diesen aus. Da es keinerlei Hinweise auf einen solchen gibt und der Glaube an ihn keinerlei Einfluß auf unser Leben hat (mal abgesehen von dem Einfluß, den Gläubige nehmen), halte ich es mit Ockham…

  33. Hallo Radler,
    eine Theorie im wissenschaftlichen Sinne ist schon etwas mehr als eine unbewiesene Hypothese. Aber redlicherweise „geben“ Wissenschaftler (im Gegensatz zu Gläubigen) „zu“, nicht alles zu wissen. Ja, Theorien entwickeln sich, werden ergänzt, erweitert oder ggf. sogar durch andere ersetzt. Was aber“ vieles und grundsätzliches“ man aktuell mit der Evolutionstheorie nicht erklären können soll, müssen Sie schon erläutern.
    ZITAT: „…. Eine vorläufige Interpretation der erarbeiteten (experimentellen, reproduzierbaren) Tatsachen wird als Hypothese bezeichnet. Wissenschaftliche Hypothesen, die durch immer neue Fakten unterstützt werden, gelten aufgrund der „Tatsachenlast“ irgendwann als gesichert und werden dann als Theorie bezeichnet. Im Gegensatz zum allgemeinen Sprachgebrauch, wo das Wort Theorie eine negative Bedeutung hat (z.B. in Wendungen wie „nur theoretisch“; „er ist leider nur ein Theoretiker“) und als Alternative zum positiven Ausdruck Praxis gesehen wird, ist in den Naturwissenschaften die Situation genau umgekehrt. Das Ziel der Forschung besteht in der Formulierung möglichst umfassender Theorien, die auch als Naturgesetze bezeichnet werden können. Wissenschaftliche Theorien sind somit die nach derzeitigem Erkenntnisstand als wahr (real) angesehenen, aus Fakten abgeleiteten Bausteine unseres naturwissenschaftlichen Weltbildes. Sie sind nicht vage, offen, auslegbar und durch Spekulationen zu ergänzen; es sind gesicherte, auf dem Boden der Realität (d.h. auf empirischen Tatsachen) aufgebaute Erkenntnisse über die reale Welt…..“

  34. Interessante Diskussion :-)
    Für mich persönlich ist ja „wissen“ weitaus tröstlicher als „glauben“ :-)

  35. Hallo Seldon,
    ok, dann liegt bei mir ein Trugschluss zu dem wissenschaftlichen Begriff „Theorie“ vor – danke für die Begriffsklärung. Macht die Sache nur verworener, denn das heißt ja auch, wenn ich die Definition richtig verstehe, dass man diese Theorie nicht in Frage stellen darf – dabei bin ich nicht der Meinung, dass diese so gesichert und auf dem Boden der Realität gefusst ist.
    Was die Evolutionstheorie z.B. nicht erklären kann ist, wie überhaupt Leben entstanden ist. Auch fehlen immer noch Übergangsformen. Dann muss man feststellen, dass die einfachsten Lebewesen – die quasi als erstes dagewesen sein sollen und aus denen alles entstanden ist – viel komplexer sind als man erwarten würde. Wenn man sich die Natur anschaut und wie alles miteinander zusammenspielt – das kann kein Zufall sein. Interessant ist immer, dass bei allem, was man nicht erklären kann, gleich Millionen von Jahren genommen werden – dann wird das schon irgendwie entstehen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass nur irgendetwas davon im Laufe der Millionen Jahre entstanden ist, geht gegen Null – geschweige denn, das ganze System.
    Aber das hat nun wieder etwas mit dem Glauben zu tun. Wenn ich die Existenz eines Gottes ablehne, dann benötige ich eine andere Erklärung – und die hat man mit der Evolutionstheorie versucht zu schaffen und daran darf nun niemand mehr rütteln. Und letzteres finde ich gerade das perverse daran. Klar haben sich viele Christen damit arrangiert und gesagt, ok, die Evolutionstheorie ist ok – wir nehmen jetzt einfach noch unseren Gott dazu und damit ist dann alles geklärt. Nur passt das nicht wirklich zusammen @Ecki: Wir glauben an einen lebensbejahende Gott – die Evolution beruht aber auf dem Tod, damit etwas besseres entsteht. Ein Gott, der über Millionen von Jahren experimentiert, passt auch nicht in mein Gottesverständnis und widerspricht der Bibel.
    Und nicht zuletzt gibt es Wissenschaftler, die einen Gott mit in ihre Untersuchungen und Forschungen einplanen und dennoch genauso nach wissenschaftlichen Standards arbeiten. Warum haben diese keine Daseinsberechtigung?

    Letztendlich, würde ich mal behaupten, benötigen wir alle einen Halt im Leben – ein Fundament, etwas das trägt. Für Christen ist dies ihr Glaube und ich würde mal soweit gehen, dass etliche Christen Erfahrungen gemacht haben, die ihren Glauben zur Gewissheit werden lassen haben – es ist für sie quasi wie „wissen“ geworden. Da es aber nicht beweisbar ist, bleibt es „glauben“.

  36. @Radler, Seldon e.a.: Wollen wir uns nicht mal auf ein Bier treffen (z.B. in der „Holda“*) und das miteinander von Angesicht zu Angesicht diskutieren und beraten? Würde mir echt Spaß machen!
    *Micha, die Rechnung geht auf mich!

  37. Hallo Radler, Ecki,
    zunächst nochmal zum Begriff „Theorie“:
    „Wissenschaftliche Theorien sind somit die nach derzeitigem Erkenntnisstand als wahr (real) angesehenen, aus Fakten abgeleiteten Bausteine unseres naturwissenschaftlichen Weltbildes.“

    „derzeitiger Erkenntnisstand“! d.h. und schließt ein: der Erkenntnisstand erweitert sich, demzufolge sind auch Theorie immer anfecht- und hinterfragbar. Aber bitte auf Grundlage neuer „Erkenntnisse“, Beobachtungen, gesichert, auf dem Boden der Realität, reproduzierbar usw usf

    Zur Entstehung des Lebens hier eine, zugegebener Maßen sehr populärwissenschaftliche (aber ich bin ja nun auch kein Evolutionsbiologe) Darstellung:
    http://www.focus.de/wissen/weltraum/odenwalds_universum/tid-33772/ueber-die-entstehung-des-lebens-wie-der-lebensfunke-auf-der-erde-zuendete_aid_1112934.html

    Wieso Evolution auf „dem Tod“ beruht, ist mir nicht klar, ebenso wenig wie die Behauptung, der Mensch bräuchte „ein Fundament“ und v.a. dieses könne nur außerhalb seiner selbst und gar im Metaphysischen liegen.

    Kneipengespräche immer gern, aber die Erfahrung sagt, dass in Glaubensdingen nur wenig bei „rumkommt“…

  38. @ Peter – BKN
    … nur glauben Wissenschaftler nicht an Frauen denen Reifen über dem Kopf schweben, … und auch wenn am Anfang das Staunen war, trennt sich (genau) hier, die Spreu von Weizen. Amen ;)

    Hihi

  39. Hallo Julia, schade, dass du mit deinem Kommentar zu meinem Exkurs über Glauben und Wissen das Thema ins Lächerliche ziehst. Vielleicht hilft dir ja das Nachdenken über den folgenden Satz, um ernsthafter zu verstehen, worum es mir bei meiner Argumentation ging: Beweise mir, dass es Gott nicht gibt, dann beweise ich dir, dass es ihn gibt.

  40. Hallo Seldon,

    warum ich der Meinung bin, dass das Evolutionsmodell auf dem Tod beruht: weil nichts fertig/vollendet ist. Um was besseres zu haben, müssen erst Generation von Generation davor gestorben sein. Und es stellt sich mir die Frage, was denn dann das Leben wert ist.
    Die andere Frage mit dem Fundament: Ich bin mir nicht bewusst, dass ich dies so behauptet hätte – also zumindest habe ich nicht gesagt, dass dies nur außerhalb seiner selbst oder gar nur im Metaphysischen liegen kann.

    Ansonsten bin ich für Kneipengespräche auch zu haben. Ich erwarte mir davon eher einen netten Austausch und ein Kennenlernen als missionierende Gespräche (letzteres ist zumindest nicht mein Anspruch und was die Erfahrung lehrt, funktioniert dies auch nicht). Es könnte auf jeden Fall dazu dienen, dass der eigene Horizont erweitert wird. Was allerdings dieses spezielle Thema betrifft: Wir sind alle keine Evolutionsbiologen – somit kommen wir da wissenschaftlich schnell an unsere Grenzen.

  41. Der Boden der Realität. Die Wahrheit über die Welt.
    Wer hat eigentlich wissenschaftlich bewiesen, dass die Anwendung der naturwissenschaftlichen Methode zu wahren Aussagen führt?
    Und dann die Geschichte. Ein abstraktes Konstrukt. Was wir als Geschichte schreiben, ist hochgradig von unserem zeitgenössischen Blick auf die Vergangenheit abhängig und davon, inwieweit wir überhaupt in der Lage sind, das Vergangene noch nachzuvollziehen. In der Regel sind wir dabei auf die Quellen angewiesen, die die Zeiten überdauert haben und müssen diese dann auch noch interpretieren. Da gibt es wohl die Dinge, die sich „tatsächlich“ ereignet haben, aber unser Zugriff darauf bleibt begrenzt und diffus, die Ergebnisse bleiben unter Umständen widersprüchlich und diskussionswürdig.
    Also den Kopf ausschalten? Weil nichts wirklich absolut faktisch ist, jeder Idee blindlinks grundsätzlich den gleichen Stellenwert einräumen? Da wird es dann wirklich heikel. Und es sind gar nicht so die Weltbilder an sich. Es sind die Argumente die zur Legitimation des eigenen Handelns daraus abgeleitet werden. Wie ich über die Welt denke ist das eine, wie das mein Handeln bestimmt das andere.
    Der Glaube an eine reine Vernunft und ein gegen jede Vernunft gerichteter Glaube gehen beide fehl.
    @ Seldon: „Kneipengespräche immer gern, aber die Erfahrung sagt, dass in Glaubensdingen nur wenig bei ‚rumkommt‘.“
    Sieht inhaltlich tatsächlich nicht nach einem für alle gleichermaßen vertretbaren Kompromiss aus :). Wahrscheinlich sollte man diese Erwartung gleich beiseite legen. Dann hat man vielleicht trotzdem einen geselligen Abend, an dem man andere Schnittmengen finden kann.

  42. Hallo Radler,
    Evolution und Tod:
    1. Es geht nicht darum „was besseres“ rauszubekommen! Nochmal ganz kurz: Evolution verläuft ohne Ziel, Sinn und Verstand. Es überleben à la long die Individuen, die an bestimmte Verhältnisse am besten angepasst sind, diese vererben ihre Eigenschaften, ggf. kommt da über die Jahrmillionen ne völlig andere Klasse oder Art raus, andere Arten überleben mangels Evolutionsdruck Millionen Jahre fast unverändert, andere sterben mangels Anpassungsmöglichkeiten aus. Das dies geschah und geschieht, kann doch niemand bestreiten.
    Fundament: quote: „Letztendlich, würde ich mal behaupten, benötigen wir alle einen Halt im Leben – ein Fundament, etwas das trägt.“
    Und für Dich ist es offenbar der Glaube an Gott. Oder hab‘ ich Dich mißverstanden?

    Hallo Christian,
    hierzu ein interessantes Gespräch:
    http://www.spektrum.de/magazin/die-wahrheit-in-der-wissenschaft/827796

    Keiin Ahnung, wer das bewiesen hat. Aber wenn aus wissenschaftlichen Theorien Aussagen über das Verhalten von Systemen getroffen werden können. Dieses Verhalten reproduzierbar und für alle gleichermaßen beobachtbar und nachvollziehbar sind, scheint mir diese Aussage wahr zu sein….Und selbst wenn wir alle nur Figuren im Traum des Großen Erkelwurz sind, sind sie innerhalb dieses Systems stimmig und „real“.
    Geschichte: ja klar interpretierbar und auf Quellen angewiesen, die oft ihrerseits dem Zeitgeist oder bestimmten Zielen unterworfen sind. Umso schwerer wiegt die Tatsache, das die Existenz historisch eher nicht nachvollziehbarer Personen und Geschehen grad in der Weihnachtszeit gern als Wahrheit dargestellt wird.

  43. Hallo Seldon,

    hier interpretierst du aus meiner Sicht die Evolution falsch. Es geht immer um Höherentwicklung, vom Einzeller zum Vielzeller usw. usf. – das ist der Grundgedanke dieser Theorie – alles andere würde erst recht nicht erklärbar sein.
    Und ja, es sterben Arten aus – aber zeige mir ein Beispiel, wo eine komplett neue Art entstanden ist. Genauso müsste es ja alle möglichen Zwischenformen etc. geben und der Prozess der Evolution müsste sich ja fortwährend fortsetzen. In dem Zeitraum, den man überblicken kann, scheint dies aber nicht der Fall. Es sind mir hier eindeutig zu viele Vermutungen, hätte, wenn und aber und könnte, evtl., … also alles zusammen genommen: Ich bewundere die Leute, die an die Evolutionstheorie glauben – es ist ein sehr starker Glaube.

    Und was den historischen Jesus betrifft: Dies in Zweifel zu stellen scheint mir sehr weit hergeholt und sehr gefährlich. Wem schenkt man denn mehr Glauben? Den Zeitzeugen und Berichten von damals oder den Zweiflern von heute mit wirren Vermutungen, die sie aber auch nicht beweisen können? Hätte sich eine Lüge über so langen Zeitraum ohne jeglichen Widerspruch halten können? Und so viele Anhänger finden? Ich weiß nicht, was die Beweggründe vom Theologen Detering gewesen sind, dies in Frage zu stellen – aber er scheint sich ja alle Mühe gegeben zu haben, alles was für Jesus spricht, auszuklammern.

  44. Beim Lesen der Kommentare drängt sich unwillkürlich der Verdacht/die Gewissheit auf, das hier der ein oder andere eifrig versucht, mit Gedankengut aus dem Kreationismus zu missionieren.
    Sehr Rückständig und sehr Erschreckend.

    @ Seldon @ julia

    100% Zustimmung zu Euren Beiträgen.

  45. Tier- und Pflanzenzucht ist nichts anderes als „angewandte“ Evolutionstheorie, @Radler. Nur dass da hauptsächlich der Mensch selektiert, und nicht ein Umweltfaktor wie Nährstoffangebot, Klima etc. Man kann natürlich auch glauben, dass die wässrige Holland-Tomate gottgemacht ist, völlig ok.

  46. @Lhotse
    Von einseitigem Missionseifer kann hier meiner Meinung nach nicht die Rede sein. Radler hat versucht, seine Sicht der Dinge darzulegen, nachdem das Thema im Zuge von Glaube vs. Wissenschfaft aufgekommen war.
    Wenn mit Kreationismus lediglich der Glaube an einen Schöpfer gemeint ist, kann ich darin nichts grundsätzlich Gefährliches erkennen. Kritisch sehe ich dagegen die Versuche, die Faktizität des Schöpfungsberichtes mit Hilfe (pseudo)wissenschaftlicher Befunde beweisen zu wollen. Das geht an der Intention der Texte vorbei, die im Kontext einer so gar nicht wissenschaftlich geprägten Gesellschaft entstanden sind.
    Was die Evolutionstheorie betrifft, sehe ich keinen zwingenden Grund sie aus Sicht des christlichen Glaubens als Unwahrheit abzulehnen. Die wissenschaftlichen Befunde ergeben ein weitgehend stimmiges Bild. Im Rahmen unserer verstandesmäßigen Möglichkeiten ist die Theorie nach jetzigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand m.E. plausibel. Dass die Prozesse, die wir da beobachten können, aber die Existenz anderer Mechanismen, die wir vielleicht nicht wissenschaftlich beschreiben können, ganz und gar ausschließen, leuchtet mir nicht ein.
    @Peter Macheli
    Die Fossilienfunde sprechen deutlich dafür, dass Evolution über eine lange Zeitspanne zur Entwicklung neuer Arten geführt hat. Wie genau das funtkioniert, ließ sich im kurzen Zeitraum unserer wissenschaftlichen Gegenwart aber noch nicht vollständig beobachten. Das Beispiel mit der Tier- und Pflanzenzucht greift da ein bisschen kurz. Auf diesem Weg kann ich vielleicht verschiedene Tomatensorten züchten, aber die Entstehung gänzlicher neuer Arten lässt sich wohl nicht herbeiführen. Kombination von vorhandenem Erbmaterial ist ja aber nur eine Möglichkeit. Mutation wäre eine andere, die in der Evolutionstheorie eine wichtige Rolle spielt, womit wir, um in deinem Beispiel zu bleiben, bei der Gentechnik angelangt wären. Bisher hat man dort aber meines Wissen auch noch keine neue Art entstehen lassen. Ganz nebenbei: So aufschlussreich das sicher wäre, hoffe ich, dieser Schritt wird so bald nicht getan.

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