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Und plötzlich ist alles schwarz. Dunkel. Kurze Stille. Dann verwunderte Stimmen. Plötzlich laut: Leute, bleibt mal leise – die Bullen sind gleich hier. Die verwunderten Stimmen wispern nur noch. Wir lauschen. Im Hausflur schwere Tritte. An unserer Tür vorbei – nach oben. Dann wenige Minuten später, die gleichen Stiefel abwärts. Draußen startet ein Auto und das Licht geht wieder an.

Wir schreiben das Jahr 1991. Mein erstes Weihnachten fern vom elterlichen Gänsebraten. Das musste natürlich alles ganz revolutionär sein. Aber wir hatten es nicht geschafft, das Fest ganz zu ignorieren. Irgendwer besorgte einen Weihnachtsbaum, den er dann verkehrt herum im Hausflur aufhängte und ihn mit einem guten Dutzend frisch abgebrochener Mercedes-Sterne verzierte. Die einzigen legalen Mieter im Haus, eine Familie mit kleinen Kindern, die hatte sich in den Winterurlaub verkrümelt.

das Wohnzimmer war stets ordentlich aufgeräumt
Vor der Party war das Wohnzimmer noch ordentlich aufgeräumt
Kurze Skizze – die Wohnung bestand im Wesentlichen aus fünf Räumen. Drei bewohnte Zimmer, eine Küche, ein Badezimmer, ein riesiger Flur. Die Toilette, oh Luxus, befand sich in der gleichen Etage draußen an der Treppe.

Ab 22 Uhr trudelten die ersten Gäste ein, in der Küche köchelte ein riesiger Topf voller Nudeln auf kleiner Gasflamme vor sich hin und immer wieder zischend über. Im größten Zimmer lief die Musik. Irgendwer hatte den damals noch ziemlich aktuellen Song der Ramones „Merry Christmas“ in einer Endlosschleife in den Kassettenrekorder gezwängt. Diverse Rauchgeräte wurden herumgereicht, die Luft war zum Schneiden dick. Kurz nach Mitternacht rissen wir die Fenster auf, schrien unsere weihnachtliche Liebe auf die gerade frisch rückbenannte Königsbrücker Straße.

Dann begann das Dilemma mit dem Slammern, das hatten wir uns von Feeling B abgekuckt. Es galt Tequilla und Sekt zu kombinieren. Die Folgen waren verheerend. Als der erste große gelbe Fleck sich langsam an der Wand nach unten bewegte, brachen wir auf. Ins nächste Zimmer. Dort stand ein Schlagzeug, ein Bass und eine E-Gitarre mit Verstärker. Nur Sekunden später verwandelte sich das winzige Zimmerchen in eine Live-Konzerthalle mit maximal zwei Akkorden, hämmernden Drums und wildem Gekreische. Der Versuch „Jingle Bells“ in der Sex-Pistols-Version zu intonieren, ging mächtig schief.

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Dann die Dunkelheit. Die kleine Pause. Einer hatte mitgedacht und fix die Sicherung rausgedreht. Die Polizei im Hausflur war offenbar noch nicht auf Cannabis-Geruch geschult. Und der Party-Krach hatte sich soeben verflüchtigt. So konnten wir wenige Minuten später weiterfeiern. Ein kleines bisschen leiser. Die spontane Session wurde beendet. Ein Tisch in den riesigen Flur gezerrt und, da auf einmal alle großen Hunger hatten, der Topf mit den zerkochten Nudeln auf den Tisch gestellt.

Hausbesetzer-Zimmerchen mit Weihnachtsdeko
Hausbesetzer-Zimmerchen mit Weihnachtsdeko
Die Feier wurde leiser, Gekicher ersetzte die Debatten, die Ramones-Kassette hatte Bandsalat und die ersten Schnarcher waren zu hören.

Grelles Morgenlicht. Kälte. Die Öfen waren ausgebrannt. Bestialischer Gestank. Blasse Gesichter um mich herum. Ich stolpere zwischen den Schlafenden, mag die gelben Flecken auf dem Boden gar nicht mehr zählen. Mein Schädel scheint zu platzen. Sehnsucht nach Orangensaft, ’ner Dusche. Doch die Wanne ist schon doppelt belegt und der Badeofen ohne Kohle auch kein Vergnügen.

Katerstimmung und trotzdem: Beste Weihnachten!

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  • War früher alles besser? Als kleine Erinnerungsstütze an die frühen 1990er Jahre veröffentliche ich in loser Folge ein paar Geschichten über die wilde Zeit von damals.

Alle Geschichten unter #Früher-war-alles-besser?

9 Kommentare

  1. Ein wunderbarer Kommentar…. passend zur Zeit! :-)

    Frohe Weihnachten und genießt die Festtage im Kreise eurer Familie. Alles Gute für das Jahr 2016!

  2. Hohoho … ach war das gestern wieder ein schöner Abend, voller alter Geschichten. Danke dafür, denn der Text und die Bilder waren der Anstoß! ;D

    p.s. Nur das mit dem „Wohnzimmer“, wird von einigen Leuten etwas anders erinnert und eher als Zimmer einem sehr guten bekannten von mir zugeordnet. (Siehe: die Anlage und Hundeschüssel)

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