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Die Waldschlößchenbrücke

Prädikat: gar nicht mal so unpraktisch. Die Waldschlößchenbrücke.
Prädikat: gar nicht mal so unpraktisch. Die Waldschlößchenbrücke.
Theoretisch könnte man bei diesem Artikel auf den Inhalt verzichten und es beim Titel belassen. Es hagelte wohl dennoch Kommentare. Die Brücke spaltet die Bürgerschaft. Dabei tut die Bogenbrücke das, was ihre zehn Geschwister auch tun: Ufer verbinden. Um sie zu lieben, gibt es einen einfachen Trick.

Was habe ich jeden der 636,10 Meter dieses Beton-Ungetüms gehasst. Als die 280-Jahre alte Rotbuche samt darauf sitzenden Robin Woodlern fiel, als Mitte der 2000er Bagger die Elbwiesen durchwühlten, als Kräne die ersten Segmente setzten, als die Laubenpieper die Gartensparte räumen mussten, als die Kadaver der Kleinen Hufeisennase im Schatten der Brücke bergeweise moderten und ein fauliger Geruch über der ganzen Elbaue lag – da wandte ich den Blick schmerzerfüllt ab und schwor beim Canalettoblick dieses Bauwerk nie zu betreten.Was haben Dresden und der Oman gemeinsam? Sie teilen sich die Schande eines aberkannten Weltkulturerbetitels, wobei der Oman dafür die Reservate seiner Oryxantilopen dem Öl opferte. Die Waldschlößchenbrücke steht mit dem Ausrotten einer Tierart auf einer Stufe!

Waldschlößchenbrücke von der Johanna-Fähre aus gesehen
Waldschlößchenbrücke von der Johanna-Fähre aus gesehen
Doch dann kam der Tag, an dem ich die Waldschlösschenbrücke nutzte. Ratz­fatz war ich in der Johannstadt und rückzu rollerte das Rad in einem weiten Bogen durch die Elbwiesen hinunter auf den Radweg, elegant und lauschig, voller Fahrspaß. Nachts verwandelt sich die Waldschlößchenbrücke in einen Hollywoodboulevard, beleuchtet von tausend warmgelben Lichtern. Die Autos schleichen so langsam vorbei, dass man den Kragen des Trenchcoats hochschlagen, den Hut tief ins Gesicht, die Hände tief in die Hosentaschen schieben und mafiös die Augen zusammenkneifen möchte, in Erwartung eines Angebots, dass man nicht ablehnen kann. Die Schatten malen rätselhafte Muster auf den Wasserspiegel.

Der Trick, die Brücke zu lieben, ist auf ihr zu stehen, dann stört sie den phänomenalen Blick in die Aue kein bisschen.Wenn die Möwen im Wind liegen und die Dampfer das Wasser wellen, riecht es nach See. Die Spinnen hängen am Geländer und häkeln Zuckerwatte – die Jungliberale Aktion Dresden beneidet sie darum. Also, um das An-der-Brücke-Hängen, denn von ihnen stammt die schöne Idee, die Brücke messnerisch zu erklimmen. Unter den Bögen, akustisch gut zentriert, wummert Musik aus dem Ghettoblaster – wo bleibt die erste Freetec-Party? Na ja, oder für den Anfang ein Brückenfest mit Kapelle.Die Johannstadt ist ja so nah.

Blick ins Elbtal
Blick ins Elbtal

Jogger ziehen ihre Bahn und Mähmaschinen. Das Gewirr ihrer Wege sieht aus, als hätten sich Borkenkäfer durch das Gras gefressen. Ein Segwayrudel zieht vorbei und man beschließt für sich, die größte ästhetische Sünde im Elbtal gefunden zu haben. Vom Bootshaus übertönt der Ruf der Waldohreule den zähen Verkehr – wahrscheinlich lädt sie die Hufeisennase auf eine Runde Kahuna ein. Zumindest ist sie noch nicht gegen die Pfeiler geflogen.Ein schöner Sport ist es, nachts neben den Blitzern zu glucken und auf die unfreiwilligen Fotomotive zu prosten.Shit happens.

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Nein, abreißen ist ein grausiger Vorschlag in einer Stadt, in der Bürger eine Brückensprengung durch die Wehrmacht knapp verhinderten. Eine Brücke ist, was man draus macht.Vielleicht könnte sie ausschließlich als Niststätte für Fledermäuse genutzt werden – nicht anhalten, das ist Fledermausland! Oder man benennt sie in Feldschlößchenbrücke um – das gibt Sympathiepunkte. Oder man gibt sie ausschließlich für Fußgänger und Radfahrer frei, dann würden sich auf der Flaniermeile bestimmt einige Maler einfinden, die Dresden eine neue Touristenattraktion bescheren: den Waldschlößchenbrückenblick. Das ließe sich zu Geld machen – 182 Millionen zum Beispiel.

Die Waldschlößchenbrücke

  • In den 1990ern begann der Dresdner Brückenstreit
  • Der Spatenstich für die Waldschlößchenbrücke erfolgte im Jahr 2000, 2007 der Baubeginn und 2013 die Fertigstellung

Straßen und Plätze im Ortsamtsbereich Neustadt

Getrübt wird der romantische Blick auf die Waldschlösschenbrücke nur von der hervorstechenden Frauenkirche.
Getrübt wird der romantische Blick auf die Waldschlösschenbrücke nur von der hervorstechenden Frauenkirche.

12 Kommentare

  1. Als ich das letzte Mal den Radweg über die Brücke benutzt habe, ist die Fahrbahnmarkierung beim drüber fahren zerbröselt wie Zuckerguss…

  2. Wär sie Grün statt provokant Grau, gäbs nur halben Ärger. Ein grünes Wunder ist nunmehr – nach Allem – einziger Ausweg aus Spaltung und Dilemma. Selbst die Radspuren könnte man noch grün beschichten, die Elefantenfüße rundum sichtschutzbepflanzen.

    Auch Phils Gluckenidee sollte Schule machen – wenn auch nicht nur auf den Blitzer bezogen. Die Assi-Ecke sollte sich geschlossen auf und unter Brücke begeben – die Versorgungsinfrastruktur wird schon folgen. Vorbild: Admiralbrücke in Berlin-Keuzberg. Ich sehe schon die DVB als Sponsor des liquiden Happenings – ein täglich-/wochenendlicher Midnighttrain-Extrabus karrt gratis vom Eck direkt zum Stopp am Brückenbogen. Der Fährgarten unterstützt ggf. per Pipeline.

    Grün bleibt aber das Entscheidende.

  3. @Philine
    Wirklich ein ganz, ganz toller Beitrag. Beim nächsten Mal wünsche ich mir nur, dass es ein bisschen blumiger wird. Etwas romantischer vielleicht. Ich genieße dieses faktenbefreiten träumerischen Sätze, die gut mit meinem Dope harmonieren und mich in ferne Welten entschwinden lassen.

    „Nachts verwandelt sich die Waldschlößchenbrücke in einen Hollywoodboulevard, beleuchtet von tausend warmgelben Lichtern. Die Autos schleichen so langsam vorbei, dass man den Kragen des Trenchcoats hochschlagen, den Hut tief ins Gesicht, die Hände tief in die Hosentaschen schieben und mafiös die Augen zusammenkneifen möchte, in Erwartung eines Angebots, dass man nicht ablehnen kann. Die Schatten malen rätselhafte Muster auf den Wasserspiegel.“

    „Jogger ziehen ihre Bahn und Mähmaschinen. Das Gewirr ihrer Wege sieht aus, als hätten sich Borkenkäfer durch das Gras gefressen. Ein Segwayrudel zieht vorbei und man beschließt für sich, die größte ästhetische Sünde im Elbtal gefunden zu haben. Vom Bootshaus übertönt der Ruf der Waldohreule den zähen Verkehr – wahrscheinlich lädt sie die Hufeisennase auf eine Runde Kahuna ein.“

  4. Und nicht zu vergessen sind wir mit der WSB jetzt auch militärisch wieder gut für die Zukunft gerüstet.

    https://mopo24.de/nachrichten/dresden-bundeswehr-was-machen-diese-panzer-auf-der-wealdschloesschenbruecke-169069#article

    Das beste Zitat im Artikel:
    „Und wie war die Resonanz der Präsentation bislang? Hauptmann Skupio: „Überwiegend positiv. Viele winken uns zu, weil man es einfach heutzutage nicht mehr gewohnt ist, dass Panzer durch die Stadt rollen.“

  5. Aufgepasst. Die Waldschlösschenbrücke ist der Eifelturm Dresdens, wer noch nie nacht auf dem Ding rumgetollt ist, hat den Sinn des Bauwerkes nicht verstanden … um Mitternacht bei Regen mit Schirm …

  6. Das Amt für Ausreise (AfA) sieht keinen Nutzen in der Waldschlößchenbrücke. Nach reiflicher Analyse der Daten und Routenplanungsoptionen UND entgegen des Slogans zur Einheitsfeier („Brücken bauen“) besteht keine infrastrukturelle Notwendigkeit: „Lutz Bachmann könne über jede andere Brücke zum Flughafen gelangen, um nach Teneriffa auszureisen.“, so der Beauftragte für Ausreiseangelegenheiten.

  7. @Philine
    Also, ich muss Zweistein zusprechen, denn manchmal befürchte auch ich, dass die Dosis der Drogenreste im Trinkwasser zu hoch war…?
    Ich weiß nicht, ob Du zwergische Maße oder Überlänge hast, aber nicht nur Fußgänger blendet die Beleuchtung EXTREM UNANGENHM (was sich mit einer kleinen Verblendung lösen ließe und vom Design unnachvollziehbar ist), zumal für Touristen das schöne Elbhang-Panorama verblendent-verlustig ist.
    Eine gedimmte Variante wäre ausreichend und ich hoffe, dass mal Eine/r Folie darüber klebt…

  8. @ Tom

    nunu … Drogenreste im Trinkwasser und dich blendet die LED – Beleuchtung EXTREM UNANGENHM ? Jedes 3. falsch eingestellte Fahrradlicht blendet fünf mal mehr EXTREM UNANGENHM … auch ohne Trinkwasser. Ich mag. ;)

  9. Das war auch mein Gedanke beim ersten nächtlichen Überqueren der Brücke mit dem Rad. „Soll das ein Witz sein? Das Scheiß Licht nervt!“ Es ist in Radfahrer Augenhöhe und äußerst unangenehm. Eine Verblendung wird es nicht mehr geben, der Drops ist wohl gelutscht.

  10. … natürlich ist es amüsanter, über Drogen im Trinkwasser zu berichten. Die christliche Politik wollte dieses Projekt durchdrücken, Sinnhaftigkeit, Werteverlust und Wirtschaftlichkeit sind längst nicht mehr relevant. Mit der Durchsetzung der WSB hat die sächsische Union einen organisch gewachsenen Wertkonservatismus in Dresden zerstört, der gesellschaftlich ausgleichend wirkte und ausstrahlte nun erntet man die Früchte einer Strategie der Spannung und jahrzehntelangen Politik der Polarisierung.

  11. Ich bin jedesmal entsetzt, wie diese Stadt nur noch Kulisse ist, hemmungslos dem Auto geopfert wird. Die Hässlichkeit und Gier die sich da repräsentiert, ist ein einziges Armutszeugnis für die Politiker und einen Teil der Bürger dieser Stadt.

Kommentare sind geschlossen.