An der abgerissenen Kohlehandlung an der Scheunenhofstraße haben Unbekannte in den vergangenen Tagen etliche Plakate angebracht. Der Bauzaun rund um das Haus gleicht jetzt einer Protestgalerie.
Das Gebäude stand eigentlich unter Denkmalschutz, war aber so verfallen, dass der Investor es abreißen darf, um an der Stelle mehrere Neubauten mit Eigentumswohnungen zu errichten. Vergangene Woche hatte der Abriss begonnen (Neustadt-Geflüster vom 15. Oktober). Kritiker sind nicht nur die unbekannten Plakat-Hänger. Auch der Fraktionschef der Grünen, Thomas Löser ist sauer. „Der Abriss ist empörend, die Äußere Neustadt verliert damit eines der ältesten noch vorhanden Gebäude.“
Der Verkaufspreis des Grundstückes sei nach Erteilung der Abbruchgenehmigung durch das Amt für Kultur und Denkmalschutz um 300.000 Euro gestiegen, erläutert Löser. Es gab einen Interessenten, der das Grundstück für 500.000 Euro erwerben und auch das alte Haus sanieren wollte. Nun wurde das Grundstück für 800.000 Euro verkauft. Löser fordert, dass es an der Zeit sei, im Denkmalamt personelle Konsequenzen zu ziehen. „Gebäude, die das Kaiserreich, die Weimarer Republik, die Nazizeit, die Kriegszerstörung und die DDR Jahre überdauert haben, werden heute wegen Spekulationsgewinnen abgerissen“, so der Stadtrat. Dieser Zustand sei untragbar.
Das Haus ist das einzige auf der Straße, dass unter Denkmalschutz stand. Der Straßenname ist ein Hinweis auf die sogenannten Scheunenhöfe, die im 17. Jahrhundert weiter westlich hinter dem Dammweg errichtet wurden und dem Viertel ihren Namen gaben. Im August 1685 war Altendresden (die heutige Neustadt) durch einen Brand nahezu komplett zerstört worden. Feldbesitzern wurde diese Stelle zugewiesen. Neben den Scheunen entstanden dann auch Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Eines davon war eben die Nummer 3. Im 20. Jahrhundert gab es hier die Kohhlenhandlung Wendt, über die auch Erich Kästner in seinem Buch „Als ich ein kleiner Junge war“ berichtete.
„ZOMG! Gentrifizierung!“
…aber seit 5-10 Jahren in der Neustadt wohnen, weil das das angesagte Viertel ist.
Ich schmunzelte.
Und an diese Stelle bitte einen schicken neuen Plattenbau. Würfeloptik, weiß und glatte Fassade.
Das Feindbild muss gepflegt werden. Ist nebenbei auch energiesparender, als sich den Kopf unnütz über Realitätenmanagement zu zerbrechen. Energie sparen? Da schließt sich doch der Kreis zu den Grünen.
Wen interessiert’s da, dass beim Drucken von Zettelchen Papier, Toner und Energie verschwendet sowie Feinstaub produziert wird.
OMG, hab mal auf der Seite von denen gestöbert:
Zitat:“Das hofähnliche Ensemble öffnet sich in Richtung Süden und fügt sich harmonisch in die für die Dresdener Neustadt typische Bebauung ein.“
Hab ich schon meinen Kotzeimer erwähnt?
Danke für die Recherche Anton!
Hast recht Karsten, alles hinnehmen und den Kopp in den Sand stecken, das ist natürlich die erste Bürgerpflicht.
Realitätsmanagement beginnt bei dir in den Händen, die aber leider abgekoppelt vom Hirn drauflos tippen – geschenkt. So kennt man dich ja hier, Quantität vor Qualität. Hauptsache mal wieder Luft abgelassen.
Wenn jemand das Grundstück so wie es ist hat kaufen wollen, und das Haus erhalten wollte, dies aber abgelehnt wurde, nur wegen eines höheren Erlöses, dann ist das einfach nur noch traurig, aber passt zu dieser Gesellschaft wie der berühmte Arsch auf den Eimer.
Naja, ganz so einfach ist es nicht. Verkauft wurde das Grundstück durch einen Privaten (wenn die Recherchen der SZ stimmen). Dieser hat natürlich ein Interesse an einem höheren Erlös, da braucht hier niemand den Idealisten spielen.
Interessant ist hier nun aber der andere Aspekt: erst durch die Bewertung des Denkmalschutzamtes wurde der höhere Erlös möglich. Ich würde der Argumentation des wirtschaftlich unzumutbaren Erhaltes folgen, wenn es sich um ein kleines Grundstück mit nur diesem Haus handelt. Da hier aber ein großer Komplex neu erreichtet wird – die Neubauten also den höheren Aufwand und die schlechtere Vermietbarkeit des Altbaus hätten ausgleichen können – da muss man schon den Kopf schütteln. Architektonisch wäre es sicherlich eine Herausforderung geworden, aber es hätte tatsächlich etwas schönes werden können (insbesondere, wenn der Denkmalschutz sich hinsichtlich der Verknüpfung von neu und alt hätte großzügig gezeigt)!
@Anton: Die Scheunenhöfe (und das danach bekannte Viertel) befanden sich aber in der Gegend der Rudolfstraße. Die Scheunenhofstr. führte damals nur dahin.
Siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Scheunenhofviertel
http://www.stadtwikidd.de/wiki/Scheunenhofstraße
Du hast natürlich vollkommen recht. Sorry, da ist mir die Geografie etwas verrutscht. Hatte irgendwie immer angenommen, dass die Scheunenhöfe bis zur Königsbrücker reichten. Habe es im Text oben korrigiert.
Dem Ruf nach personellen Konsequenzen kann ich mich nur anschließen. Da gab es einfach schon so viele Fehlentscheidungen, die man gutwillig betrachtet als abgrundtiefe Inkompetenz betrachten kann. Böswillig betrachtet könnte man auch fragen welcher städtische Beamte sich da schmieren lässt. Wie könnte man der Forderung nach personellen Konsequenzen Nachdruck verleihen?