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Von feuchten Tropfen und einer beschlagenen Brille

Schwalbennest
Schwalbennest
Es ist einer dieser unmöglichen Abende. Statt sommerlicher Temperaturen ist es ungemütlich kalt und ein feiner Nieselregen vermiest Spaziergängern die Tour durch die Neustadt. Trotzdem sind wieder viel Menschen auf Alaun- und Louisenstraße unterwegs. Meist pilgern sie in kleinen Grüppchen, immer auf der Suche nach einem hübschen Lokal mit freien Plätzen.

Neuerdings herrscht besonders vor dem Schwalbennest ein großer Andrang. An besseren Abenden, also solchen ohne Regen, bleiben die Passanten gern an der Kreuzung stehen und beobachten die Räkel-Künste der leicht bekleideten Damen im Obergeschoss. Gogo-Tänzerinnen, die sich zum dumpfen Beat bewegen. Doch heute steht keiner und guckt, dafür herrscht am Eingang Gedränge. Dort wechseln sich die ab, die schon einen Blick ins Lokal geworfen haben und nach verzweifelter Suche keinen Platz gefunden haben mit jenen, die eben erst hereinkommen und noch frohen Mutes sind.

Ich weiß es besser und unternehme gar nicht erst den Versuch, obwohl ein einzelner Platz am Tresen sicher frei wäre. Doch bei Regen suche ich immer die kleinen verrauchten Kneipen. Hier wäre es mir viel zu hell und zu fröhlich. Bei einem solchen Wetter brauche ich einen gemütlichen Platz mit düsterer Stimmung. Auf der Louisenstraße stehen vor einem Café noch Tische und Stühle draußen, ob der Wirt glaubt, dass sich jemand freiwillig in den Regen stellt? Aber nein, drinnen ist es so voll, dass die Kellnerinnen vermutlich noch nicht dazu gekommen sind, das Mobiliar wegzuräumen.

Einige Unverdrossene stört auch der Regen nicht. Laut schmatzend stehen sie vorm Istanbul, den warmen Döner in der Hand. Um die Ecke habe ich mein Ziel erreicht. Das Blue Note hat den richtigen Charme für einen verregneten Abend.

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Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen habe, will es mir scheinen, als ob die Kneipe heute besonders verraucht ist. Aber es ist nur meine Brille, die durch den plötzlichen Klima-Wechsel beschlagen ist. Ein paar Minuten später sehe ich schon wieder genug, um einen freien Platz am Tresen zu entdecken. Sämtliche Schlecht-Wetter-Laune fällt von mir ab und Entspannung naht. Ein Bier, bitte!

—-
Nachtrag 2013: Aus dem Schwalbennest ist nach mehreren gescheiterten anderen Versuchen nun das Eckstein geworden. Go-Go-Tänzerinnen gibt es schon lange nicht mehr.

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