Da mir kürzlich der Verdacht nahe gelegt wurde, ich werde alt, bequem und würde nur noch in verrauchten Kneipen herumsitzen und dem Alkohol zusprechen. Zwar nur ein Verdacht, aber ich sehe mich gezwungen neuerdings etwas für meine Fitness zu tun.
Nun sind so neumodische Einrichtungen mit körperquälenden Geräten nicht so mein Ding, da zwänge ich mich lieber in einen uralten Jogginganzug, nehme die Beine in die Hand und spurte quer über den Alaunplatz, ab in die Heide. Das erste Stück ist immer etwas unangenehm. Zum einen lauern in den Neustädter Straßen überall übel riechende Hundehaufen, außerdem habe ich Angst, jemand könnte mich erkennen und sich über meinen Aufzug amüsieren. Das hat zur Folge, dass ich das erste Stück bis zur Prießnitz immer viel zu schnell laufe. Völlig außer Atem, muss ich unter der Stauffenbergallee erst einmal verschnaufen.
Nun beginnt der schöne Teil des Fitnessprogramms. Dank eines umgestürzten Baumes überquere ich den Bach und kann nun auf einem schmalen Pfad entlang joggen. Um mich herum blühen schon vereinzelt ein paar Blümchen, an den Ästen sind schon die ersten grünen Knospen zu sehen und von meiner Stirn läuft der Schweiß gleich literweise.
Nach einem kurzen Stück gelange ich zu einer kleinen Steinbrücke, hier muss ich mich jedes Mal entscheiden. Rechts geht es den Berg hoch Richtung Nordfriedhof, da ist eine ordentliche Runde drin, das hat nichts mehr mit Fitness zu tun, das ist Training für den Marathon. Meist laufe ich links, da führt der Weg weiter entlang des Baches und es geht nur ganz leicht bergauf. Auf diesem Teilstück ist fast immer reger Betrieb. Überwiegend junge Leute führen hier ihre Hunde oder Kinder spazieren; dynamische Radfahrer spritzen durch den Matsch und natürlich gibt es noch mehr, die wie ich durch den Wald joggen. An manchen Tagen, bei nass-kaltem Wetter fehlen Kinder, Hunde und Spaziergänger, nur die Fitness-Verrückten stapfen unbeirrt die Waldwege entlang. An solchen Tagen bekommt man von entgegenkommenden Leidensgefährten auch immer ein freundliches Lächeln geschenkt.
Auf dem Rückweg habe ich dann ein Problem, denn um in Windeseile durch die Straßen zu hetzen, fehlt mir jetzt die Puste, die Kraft reicht gerade noch, um den kleinen braunen Haufen auszuweichen. Doch erstaunlicherweise hat mich bisher noch fast Keiner erkannt. Wahrscheinlich rechnet auch niemand damit, dass gerade ich im Jogging-Anzug durch das Viertel renne.