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Angst vorm Schnorrer

Eine gefährlich aussehende Gestalt wankt auf mich zu. Zerzaustes Haupthaar, zerzauster Bart, durchgescheuerte Jeans und ein übler Geruch nähern sich mit ihm. Im schummrigen Licht der Straßenlaterne kann ich seine blutunterlaufenen Augen sehen und seine ausgetretenen Schuhe. Mit einem geschickten Tritt zur Seite kann ich gerade noch ausweichen und er wankt an mir vorüber. Innerlich fällt mir ein Stein vom Herzen, da dröhnt oder besser krächzt es hinter mir: „Heh Mann, haste mal ’ne Zigarette.“

Ich bin noch nicht weit genug weg, um den Ruf zu ignorieren. Normalerweise bin ich zu solchen Schnorrern ganz cool und sage immer mein übliches Sprüchlein auf: „Tut mir leid, aber ich rauche nicht.“ Und normalerweise zünde ich mir dann direkt eine Zigarette an und signalisiere so ganz deutlich, dass ich nicht im Geringsten gewillt bin, dem Schnorrer auch nur irgendetwas zu kommen zu lassen. Das funktionierte bisher immer hervorragend und ich hatte jedes Mal das Gefühl Herr der Lage zu sein.

Doch diesmal ist die Situation anders. Langsam drehe ich mich um, die Straße ist leer, weit und breit kein Mensch zu sehen. Und der Typ, er schwankt zwar und ist zerzaust, doch ein Schwächling ist er sicher nicht. Was ist, wenn er mehr will. Was, wenn er jetzt ein Messer zieht.

Langsam kommt er wieder näher, da ist auch wieder der unangenehme Geruch und der Schein der Laterne fällt direkt in sein Gesicht. Die Blässe und der gelbliche Bart unterstreichen noch das Rote in seinen Augen. Mir scheint als belauere er meine Bewegungen.

In Kürze werden meine Beine zu zittern beginnen. Zeit zum Handeln. Forsch ziehe ich die Zigarettenschachtel aus der Tasche, strecke weit den Arm aus und gebe ihm eine. In dem Moment als er sie nimmt, verwandelt sich sein Gesichtsausdruck in Bruchteilen einer Sekunde. Die angespannte, fast lauernde Miene erschlafft, fast möchte ich ein Lächeln erkennen. Auch seine ganze Körperhaltung entspannt sich, seine Schultern sacken herab und er stößt mühsam ein Danke hervor. Schon will er sich wieder abwenden, doch ich bin mutiger geworden. „Heh“, rufe ich nun meinerseits „brauchst Du nicht noch Feuer“. Er sieht mich noch einmal an, die Zigarette hat er schon irgendwo in den vielen Taschen seiner Kluft verborgen. „Nein“, sagt er, „ich bin ein ordentlicher Schnorrer, Feuer hab ich selber.“

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