Die Stadtratskooperation aus Linken, SPD und Grünen kann sich in Sachen Globus SB-Markt am alten Leipziger Bahnhof nicht einigen. Weil ein Teil der Linke-Fraktion vor allem wegen der Lärmbelastung an der Möglichkeit des Wohnungsbaus zweifelt, kam im Juni im Stadtrat eine Mehrheit für das Globus-Aus an diesem Standort nicht zustande. Die Allianz für Dresden, ein Zusammenschluss verschiedener Dresdner Bürgerinitiativen, Kulturvereine sowie Wirtschaftsverbände und Unternehmen und Dresdner Bürgern, hat erhebliche Zweifel an den „Lärmargumenten“. Ein Interview mit dem Allianz-Mitglied Joannes Eikerling, Geschäftsführer der PSG Planungs- und Sanierungsträgergesellschaft mbH Dresden-Pieschen.
Statt eines Globus SB-Marktes könnte in der Leipziger Vorstadt ein neues Stadtviertel mit Wohnungen und Kleingewerbe entstehen – halten Sie solche Pläne für realistisch?
Ja, das halte ich für realistisch. Auch Bürogebäude in Richtung Alter Schlachthof wären denkbar. Der Bedarf dafür ist da. Fragen Sie Herrn Rees, den Verwalter vom World Trade Center in Dresden. Wohnungen sind ebenfalls sehr erstrebenswert und dort kein Problem. Auch die Stadt möchte das Gebiet entsprechend entwickeln, einschließlich der Quartiersstraßen.
Die Grundstückseigentümer Procom und SIV wollen Wohnungen bauen. Auch die Ideen, die der Architekturstudent Maximilian Kunze in seiner Diplomarbeit für den Alten Leipziger Bahnhof entwickelt hat, halte ich für durchaus umsetzbar. Ebenfalls vorstellbar ist für mich die Ansiedlung des Verkehrsmuseums im Bereich des „Alten Leipziger Bahnhofs“, da der historische Bezug gegeben ist.
Welchen Einfluss hat die Lärmemission von den angrenzenden Bahngleisen auf geplante Wohnungsbauvorhaben?
Es wird kaum einen Einfluss geben. Lediglich Auflagen, etwa was die Fenster angeht, sind vorstellbar. Es handelt sich bei den Gleisen um Nebengleise, die den von uns favorisierten Wohnungsbau im hinteren Bereich des Alten Leipziger Bahnhofs sowie auf den Nachbargrundstücken tangieren.
Neubauten entlang von Bahngleisen sind nicht ungewöhnlich. Es gibt genügend Beispiele dafür.
Ja. Allein ein Blick auf den Stadtplan zeigt: Bestandswohnungen an lärmintensiven Standorten gibt es zuhauf, man denke nur an die Äußere Neustadt oder das Hechtviertel. Doch auch heute werden Wohnungen direkt an Bahntrassen und Hauptstraßen gebaut. Die strengen Lärmvorschriften stehen dem nicht entgegen. Am Moritzburger Platz in Pieschen wurden erst vor ein paar Jahren direkt an der Bahnstrecke, die auch den Alten Leipziger Bahnhof tangiert, sechs Wohnhäuser gebaut. Auch für die neue Kita Himmelblau der Diakonie an der Leisniger Straße war die Bahnstrecke kein Hindernis. Schallschutz wurde hier vor allem zur Straße hin realisiert, nicht zu den Gleisen. Und an der Hafenstraße, Ecke Uferstraße – in der Leipziger Vorstadt – entstehen derzeit ebenfalls Wohngebäude direkt an den Hochgleisen der Hauptstrecke.
Welche Einfluss hat die Lärmbelastung durch die Leipziger Straße auf Neubauvorhaben?
Ebenfalls einen geringen. USD Immobilien plant in seiner Hafencity auf der anderen Straßenseite Wohnblöcke die direkt an die Straße gebaut werden sollen und als Schallschutz dienen für die Hafencity-Bebauung hin zur Elbe. Hier sind Treppenhäuser, Küchen, Bäder hin zur Straße vorgesehen. Die Pläne sind schon weit gediehen und in einem sehr weiten Genehmigungsstatus. Vor diesem Hintergrund wäre Ähnliches auf der Nordseite der Leipziger Straße ebenfalls problemlos möglich. Außerdem werden die alten Zollgebäude neben der Tankstelle schon jetzt als Wohnungen genutzt.
Wie groß ist das Potenzial an Wohnungen auf dem gesamten Gelände der jetzigen Eigentümer Globus, Procom und Kaufland zwischen Bahngleisen und Gothaer Straße?
Etwa 520 Wohnungen. Wenn man aber neben dem Alten Schlachthof mehr Büros einordnet, werden es entsprechend weniger. Herr Szuggat, Leiter des Stadtplanungsamtes, arbeitet mit geringeren Zahlen im Masterplan, die wir aber für tiefgestapelt halten.
Von den Globus-Befürwortern hört man oft, die Allianz für Dresden werde von den in Dresden ansässigen Einzelhandelsgruppen Edeka, Rewe und Schwarz sowie vom Konsum Dresden unterstützt, um die Ansiedlung eines weiteren Konkurrenten zu verhindern. Gibt es Spenden für den Verein aus dieser Ecke?
Außer zur Konsum Dresden eG besteht seitens der Allianz zu den genannten Einzelhandelskonzernen keine Verbindung. Der Konsum unterstützt uns sporadisch als Gründungsmitglied allerdings von Anfang an. Die Allianz für Dresden wird punktuell durch die Bündnismitglieder unterstützt. Hier weniger finanziell, als durch Sachspenden, wie beispielsweise Papier, Plakattafeln oder bei den Kosten für einen Referenten. Medienkontor Dresden als ehrenamtlicher PR-Beauftragter der Allianz für Dresden engagiert sich hier wiederum aus innerer Überzeugung. Dies hängt ursächlich auch damit zusammen, dass der Gründungsgeschäftsführer von Medienkontor Vorsitzender der Grünen in Freital ist und vieles auch nach Dienstschluss erledigt.
Ist die Allianz für Dresden ein Verein, der regelmäßig tagt? Sind weitere Veranstaltungen oder Aktionen geplant?
Die Allianz für Dresden ist kein eingetragener Verein, sondern tatsächlich nur ein loser Zusammenschluss, ein Bündnis von verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen. Das Verzeichnis finden sie auf unserer Homepage unter „Das Bündnis“. Wir treffen uns in unregelmäßigen Abständen. Veranstaltungen und Aktionen werden nach aktueller Lage geplant und ja, weitere Veranstaltungen und Aktionen sind wahrscheinlich.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Winfried Schenk von www.pieschen-aktuell.de
Es bleibt zu hoffen dass sich der Wohnungbau durchsetzt & dieser Irrsins-Globus keine Zukunft hat!
Als jemand der direkt auf der gegenüberliegenden Seite der Großenhainer Straße (und damit zwischen dieser und Hansastraße) wohnt – halte ich das Lärmargument für ziemlich albern.
Mehr Wohnungen in zentralster Lage sind in der Tat nicht die dümmste Idee für Dresdens kommende Entwicklung.
Wohnungen mit kleinteiligem Einzelhandel, Gewerbe, Gaststätten wären das was am dringendsten gebraucht würde. Noch mehr Einzelhandelsfläche braucht in Dresden niemand. Davon gibt es schon reichlich. das würde nur zum Sterben bestehender Flächen führen, die dann verwaisen würden.
Irgendwie hat die Stadtplanung m.E. schon vor Jahren gepennt: letztlich handelt es sich bei den zur Verfügung stehenden Flächen doch um einen Korridor, der sich vom Alten Leipziger Bahnhof bis zum Leisniger Platz (HP Pieschen) zieht. Diesen hätte man in der Gesamtheit betrachten müssen – was hätte sich da für eine Chance auf ein ganzes „Stadtviertel“ ergeben. Z.B. mit einem Grünzug/ Wasserlauf, lockerer Bebauung, Tiefgaragen zur autofreien Gestaltung – was weiß ich.
Statt dessen wird jetzt alles Stückwerk – immer schön von Investoren oder Sachzwängen (Schulstandort Gehestraße) getrieben.
Die Bahnstrecke, auf der laut Openrailwaymap noch ein Gleis liegt (zu befahren mit 20 bzw. 40 km/h) ist im Vergleich zu der Strecke z.B. über den Bischofsplatz lärmmäßig doch wohl ein Witz.
Kann mir mal jemand erklären, was in die „Linken“ gefahren ist? Warum sind die denn gegen Wohnbebauung und für diesen völlig überflüssigen Super-Markt?
Eigentlich sollte man doch erwarten, daß sie ein Faß aufmachen, wenn zu wenige Sozialwohnungen dabei wären oder so. Das Abstimmungsverhalten im Stadtrat war ja schon früher eher seltsam. Aber das ist dann doch zu viel! Gibt es da vielleicht persönliche Interessen?
Na, wird auch Zeit, daß der Schmarrn mal von fachlicher Seite klargestelt wird. Ist ja schon seit anbeginn klar, daß dort jede Menge Wohnungsbau möglich ist. Ca. 1500 WE bis zur Erfurter. Das Stadtplanungsamt weiß das auch – munkelt aber rum und richtig: tiefstapelt.
Ich sehe ja den Gleisstrang des Umfahrungsgleises als vollständig entbehrlich an – wird im Prinzip nie genutzt und liegt bei anderen Bahnhöfen auch nicht vor. Alles verrostet da oben auf dem Damm, verfallen – kann weg.
Ohne diesen raumtrenenden Damm ergäben sich noch überschwänglichere Potenziale zur baulichen Nutzung. Aber dafür wird man ganz sicher zu blöde sein.
Warum hier die Linken-T(h)ilos als Tonangeber so störrisch sind: einerseits ganz klar seit Langem diagnostizierte verhärtende Ich-Bezogenheit dieser Laienpolitiker. Andererseits sind Strippen ins Saarland vermutet, wo Globus und Linken-Oskar Lafontaine sitzt – auch wenn man das direkt kaum verstehen mag. Da flossen möglicherweise schon vor Jahren Gelder zur „tendentiösen Meinungsbildung“. Warum der Rest der Linken kadaver-gehorsamst diesen Firlefanz v.a. der beiden T(h)ilos mitmacht, ist lediglich bei Frolln Muth klar, deren Freiraumtrupp Dank Globus ne ganz angenehme Homebase auf dem Gelände angeboten bekam. Naja, und Scholli ist ein fachferner Populist – daher kommt bei der Linken seit Jahren nur Grütze aufs Tablett. Kann man sich eigentlich nicht mehr antun.
Mir ist das inzwischen auch reichlich egal, ob und was da in der Leipziger Vorstadt hingek(l)otzt werden wird. Es späche nichts dagegen, es so zu belassen wie es ist: als a) schönes (freilich ausbaufähiges) Naturbiotop und urbanes Waldgebiet, und b) als großes lesbares Zeichen einer umfassenden personellen Unfähigkeit auf allerlei Ebenen während einer ganzen Ära der Stadtgeschichte Dresdens.
> Ich sehe ja den Gleisstrang des Umfahrungsgleises als vollständig entbehrlich an – wird im Prinzip nie genutzt und liegt bei anderen Bahnhöfen auch nicht vor. Alles verrostet da oben auf dem Damm, verfallen – kann weg.
Also „nie genutzt“ halte ich für fragwürdig, da rattern täglich Güterzüge drüber.
@ Andreas/ nepumuk: Der Hauptteil des Güterverkehrs läuft auf der Fernbahnstrecke parallel zur S1. Über dieses Gleis am Alten Leipziger Bahnhof schleicht nur ein sehr geringer Teil. Keine Ahnung, was die Bahn da perspektivisch vor hat – aber wenn es möglich ist, im DREWAG-Gelände an der Hauptstrecke (in einem gewissen Abstand) Wohnungsbau zu entwickeln, dann wird es dort auch gehen…