Die Bürgerinitiative „Wohnen am Leipziger Bahnhof“ hat heute in Pieschen ihre Petition vorgestellt. Die Initiative will Stimmen gegen den Bau eines großen Einzelhandelsmarktes sammeln. Im nächsten Schritt ist auch ein Bürgerentscheid möglich, erklärte heute die Initiatorin Judith Brombacher.
„Es hat mir einfach gereicht“, schilderte sie heute ihre Gemütslage nach der Stadtratssitzung am 1. Juni. Mit 20 Ja-Stimmen, 33 Nein-Stimmen und 15 Enthaltungen, darunter viele aus der Fraktion Die Linke, war der Antrag zur Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses zum Bebauungsplan gescheitert. Statt dessen wurde die Stadtverwaltung beauftragt, nach alternativen Standorten für den Globus-SB-Markt zu suchen.
Bis zum 23. Oktober sollen nun Unterschriften für die Petition gesammelt werden. Initiatorin Brombacher würde sich wünschen, dass sich nicht nur die Zweifler aus der Linke-Fraktion, sondern auch CDU und FDP für eine Alternative zum großflächigen Einzelhandel aussprechen und ein „starkes Signal aus dem Stadtrat senden“.
Linke fordern Studie
Die Linke-Stadtratsfraktion hatte gestern einen Antrag präsentiert, mit dem sie eine planerische Studie fordert, welche die Potentiale und Restriktionen für städtebauliche Entwicklungen darlegen soll. „Ob Wohnen am Leipziger Bahnhof wirklich eine Lösung ist, daran habe ich meine Zweifel“, hatte Tilo Wirtz, baupolitischer Sprecher der Fraktion im Juni betont und damit die Position einiger seiner Fraktionsmitglieder zum Ausdruck gebracht. Jetzt soll die Stadtverwaltung in dieser Frage Klarheit schaffen. Der Antrag setzt dafür eine Frist bis zum März 2018. Für die Linke-Fraktion ist das Ergebnis auch darum wichtig, weil die Gefahr besteht, dass die rot-grün-rote Stadtratskooperation an der Globus-Frage zerbricht.
Die Grünen waren dann auch gestern freudig überrascht ob des Linken-Antrags. Thomas Löser, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen und Sprecher für Stadtentwicklung: „Wir freuen uns, dass es nun bei den Linken ein Umdenken in punkto Leipziger Bahnhof gibt und der Bau von Sozialwohungen ernsthaft erwogen wird.“ Heute haben die Grünen auch bezüglich der Petition nochmal nachgelegt, der Stadtvorstand ruft die Parteimitglieder auf, die Petition zu unterschreiben und zu verbreiten.
Masterplan wird erneut verhandelt
Der Masterplan Leipziger Vorstadt wird in Kürze erneut im Stadtrat verhandelt. Dessen Überarbeitung ist abgeschlossen. Weil es den Aufstellungsbeschluss für den Globus-SB-Markt gibt, mussten die Stadtplaner zwei Varianten erarbeiten – mit und ohne Globus. Die Ergebnisse zum Antrag der Linke-Fraktion werden nun sicher abgewartet, bevor der Masterplan verabschiedet wird.
Die heute anwesenden Erstunterzeichner der Petition machten aus ihrer Haltung keinen Hehl. Selbst wenn Wohnungsbau nicht möglich wäre, habe ein SB-Großmarkt in der Innenstadt nichts zu suchen, so die einhellige Meinung. „Pieschen erfindet sich gerade neu. Die Sogwirkung eines großen Einkaufszentrums würde vieles wieder kaputt machen“, sagte der Chef des Savoir Vivre, Uwe Sochor. Nach dem Elbepark noch ein weiterer Großmarkt – das würde die jahrelangen Bemühungen um das Sanierungsgebiet Pieschen konterkarieren, fügte Heide Geiler vom Verein Pro Pieschen hinzu.
Alternativer Standort
Andere Standorte für einen Globus-SB Markt in Dresden sind nicht abwegig. Nach Informationen von Pieschen Aktuell und Neustadt-Geflüster soll der Familienkonzern aus dem Saarland auch eine Alternative in Klotzsche erwägen. Dort gibt es bereits einen Globus-Baumarkt. Enrico Wilde, Bereichsleiter Standortplanung bei Globus, wollte dies nicht bestätigen und beantwortete eine entsprechende Frage eher allgemein: „Wir werden sämtliche Vorschläge vollumfänglich prüfen. Gleichzeitig möchten wir jedoch an dieser Stelle betonen, dass das Gelände des Alten Leipziger Bahnhofs unsere Anforderungen an einen Standort optimal erfüllt und uns bislang keine adäquate Alternative bekannt ist.“
Weitere Informationen
- Bürgerinitiative Wohnen am Leipziger Bahnhof
- e-Petition „Weg frei machen: Wohnen und Leben am Leipziger Bahnhof! Alten Bebauungsplan aufheben!“
- Architekt Maximilian Kunze und seine Idee für ein urbanes Wohnquartier
Der Beitrag entstand mit Unterstützung von www.pieschen-aktuell.de.
Mein lieber Scholli, wird ja Zeit, daß die mal zur Vernunft – ergo: zur fachlichen Ebene kommen. Da köchelts wohl endlich auch innerfraktionell bei den Linken. Schlimm genug, einen ganzen Stadtteil versauen zu wollen und alle blödelten seit Jahren mit. Jetzt schwant denen, was ab der nächsten Kommunalwahl droht, auch Klobus sitzt ruhig das Jahr noch ab, die wohnpolitischen Ziele kommen nicht voran, die eigene Woba hat nach der Startrunde kaum noch Flächen. Denen wird klarer: entweder reißt man jetzt den Arsch zusammen und gesteht ne fachliche Schieflage mal ein, oder die können den RRG-Laden abwickeln. Bissel Koop ist hundertmal besser für sie alle, als daß was auf sie nach der K-Wahl wartet.
Letztlich herrscht nicht nur Chaos in der Politik, es herrscht auch Chaos bzw Steuerlosigkeit in der Verwaltung. Ich verstehe die Zeitnöte von Ehrenamtlichen, aber offensichtlich finden relevante Gespräche seit Jahren nicht statt – mangels Kenntnis. Laien bleiben unter Laien, viel Blabla um hü hott und nix, fachliche Beratung aus der Verwaltung scheint kaum zu kommen – auch nicht initiativ. Jetzt bleibt ihnen noch ein gutes Jahr, da muß der Globus-Nein-B-Plan stehen, sonst zerkloppts den ganzen Bereich – auch verkehrlich. Die Stadt braucht hier dringend die Planungshoheit.
Eigentlich bräuchten die Linken keine Prüfung anfordern, sondern einfach in den Sachstand Masterplan gucken. Und schon haben sie es. Ein Masterplan muß etwaige Restriktionen bereits berücksichtigen – ok, das war beim alten Stand vor Jahren angeblich nicht sauber genug erfolgt. Vermutlich aber jetzt. Warum tun sie es nicht? Gut, daß der Plan bald in Vorlage kommt. Dann schaun mer mal.
PS1: logisch ist Wohnen möglich, man ging immer von ca. 50-60m Abstand vom Gleis aus. Lediglich die Immissionswerte sind nachzuweisen. In den 50m sollte eh nen Grünzug hin. Usw. usf. Alle anderen Städte planen bzw bauen bereits in solchen Lagen neue Wohn&Mix-Stadtteile.
PS2: Die Verwaltung sitzt als Fachbehörde letztlich am längeren Hebel als die zerzauste Laienpolitik. Ist ja toll, daß sie zwei Varianten ausarbeiten mußte. Warum aber ignorieren sie nicht die eine? Das machen sie doch an zahlreichen anderen Beschlußlagen auch. Tja, „Kapazitäten“ fehlen halt, sie wissen schon: Krankenstand, Elternzeit, Fortbildung, Urlaub, Außendienst, Sitzungen, Termine, etc. So what.
Warum gibts über die andere Variante keine Presse? Die planrechtliche Trickkiste bietet auch Möglichkeiten. Ob der Rat da nochmal was beschließt oder nicht – Stichwort: Planreife. Naja, wurscht!
Ich hatte vor 2 Jahren mal was gehört, das das Verkehrsmuseum in Dresden seinen derzeitigen Standort verliert, wäre das nicht ein Möglichkeit, wie der älteste Dresdener Bahnhof in Zukunft genutzt werden könnte?