Mit dem Fall der Abschiebung der armenischen Familie aus dem Hechtviertel beschäftigt sich derzeit die Härtefallkommission des Ausländerbeauftragten Geert Mackenroth (CDU). Eine Petition, initiert von Guido Richarts, wendet sich nun an Mackenroth, den Sächsischen Innenminister Markus Ulbig und die Ausländerbehörde Dresden. Der Nachbar hat die Petition am Sonntag gestartet. Bis jetzt haben schon mehr als 2900 Menschen unterschrieben.
Rückblick
Die Dresdner Polizei hatte am 18. September die Abschiebung einer fünfköpfigen armenischen Familie auf der Fichtenstraße eingeleitet. Der 37-jährige Vater und zwei Söhne im Alter von sechs und acht Jahren wurden nach Armenien abgeschoben. Die 34-jährige Mutter der Familie wurde in ein Krankenhaus gebracht, die zehnjährige Tochter ist bei Bekannten untergekommen.
Die Familie lebte bereits seit elf Jahren in Deutschland, alle drei Kinder sind hier geboren. Die Eltern hatten die Behörden jahrelang getäuscht und sich als irakische Staatsangehörige ausgegeben. Dies verhinderte eine frühere Abschiebung. Erst 2014 stellte sich heraus, dass beide Eltern die armenische Staatsangehörigkeit haben. Anschließend mussten verschiedene Gerichtsverfahren abgewartet und gesundheitliche Fragen geklärt werden.
Gegen die Abschiebung hatten am gleichen Abend rund 60 Menschen protestiert und am 22. September bei einer Demonstration rund 250 Teilnehmer.
Demo gegen #Abschiebung im #Hechtviertel #DD2209 (Fotos: BMM) pic.twitter.com/MWzpKsS4TY
— Radio Dresden (@RadioDresden) 22. September 2017
Härtefallkommission
Die Härtefallkommission kann bewirken, dass vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die nächste Sitzung soll am 27. Oktober sein. Bis dahin dürfen Mutter und Tochter nicht abgeschoben werden. Ob der Vater mit den beiden Söhnen wieder nach Deutschland einreisen dürfen, entscheidet die Kommission nicht.
Hintergrund
In der Petitionsbeschreibung erläutert Nachbar Guido Richarts die Hintergründe: Emma und Vardan kamen 2006 aus Armenien nach Deutschland. Das junge Paar floh vor massiven Drohungen durch die Mafia. Noch im gleichen Jahr wurde Tochter Emilia geboren, der 2008 und 2010 ihre Brüder Andre und Alen folgten. Da Armenien offiziell als sicheres Land gilt, waren die Armenier dem Rat gefolgt, sich als Iraker auszugeben. Erst 2015 wurde das aufgeklärt. Gegen die Mutter wurde ein Verfahren eingeleitet, dass am 3. August 2017 gegen eine Geldauflage von 150 Euro eingestellt wurde.
Petition
Die Petition findet sich auf change.org, eine Petition ist ein Gesuch bzw. eine Bittschrift, die für die Komission keinerlei rechtliche Verpflichtung hat.
Man sollte von zwei Erwachsenen verlangen können, dass ihnen sehr wohl bewusst ist, ob man sich selbst eine fremde Nationalität zueigen machen darf oder nicht. Da hilft auch nicht die Ausrede, es hätte irgendjemand als sinnvoll empfohlen oder nicht. Sonst könnte man auch aus diesem Fall ableiten, dass der in Deutschland bleiben darf, der sich am cleversten anstellt und dabei auch ggf. wesentliche Punkte falsch darstellt. Woanders nennt man sowas Vorsatz, in keinem Fall darf daraus etwas folgen, was bei Korrektheit dieser Angabe möglicherweise der Fall gewesen wäre. Von daher ist es absolut eindeutig und notwendig (auch Hinblick auf eine generelle Rechtssicherheit), dass die mehrfach angeordnete Abschiebung erfolgt und es dabei bleibt. Was die Kinder betrifft, sind die in der Tat hier die, infolge des Fehlverhaltens der Eltern, Leidtragenden, aber auch da ist die Rechtslage eindeutig. Die Geburt auf deutschem Staatsgebiet hat nicht die deutsche Staatsangehörigkeit zur Folge, auch da sollte man konsequent sein. Tragisch ist es für alle fünf Betroffenen, aber ich bin mir sehr sicher, dass die Eltern jahrelang, vermutlich auch von Anfang an, sehr genau wussten, was sie da tun. Wann genau ist denen eigentlich die Sache mit der Mafia eingefallen oder war dies nur die alternative Begründung, als der Schwindel mit dem Irak aufgeflogen ist? Sorry Leute, aber so kommen wir nicht weiter. Es gibt klare Regelungen und die sollten/müssen auch eingehalten werden. Sonst fragen wir uns nach jeder Wahl wieder, wie konnte das passieren.
Geil eine Petition für Betrüger.
Ohne Frage, für die beteiligten Menschen ist es ein tragisches Schicksal. Ich denke, kein mitfühlender Mensch kann dem widersprechen. Und dennoch gibt es Regeln. Wenn diese nicht eingehalten werden, ist es nur Wasser auf die Mühlen derer, die ich nicht in politischer Verantwortung sehen möchte. Gegen eine Petition habe ich persönlich nichts einzuwenden, aber meine „Unterschrift“ werde ich aus dem genannten Grund nicht dafür hergeben.
Ich finde es interessant, wie sehr bei solchen Themen immer auf geltende ‚Regeln‘ verwiesen wird. Manchmal (eher selten) hab ich den Eindruck, das darüber vergessen wird, wie menschenverachtend die damit getroffene Aussage eigentlich ist.
Seltsamerweise gibt es da durchaus gegenteilige Betrachtungsweisen, wenn es um deutsche Menschen & Kinder geht. Aber das ist bestimmt nur zufällig so und kein Anzeichen von tief verwurzelten bürgerlichen Rassismus.
Also ob ihr was besseres wärt.
@Stefan E. wenn die Lage so eindeutig wäre, wie Du hier mutmaßt, hätte der Herr Mackenroth sicherlich nicht die Härtefallkommission einberufen.
Dieser Politiker ist nicht nur Jurist, er war auch über zwei Legislaturperioden Justizminister. Ich unterstelle mal, dass er die entsprechenden Rechtslagen kennt.
@keks
was meinst du denn mit „deutsche Menschen & Kinder“ ? Meinst du die vielen deutschen Menschen und Kinder, die sich in Armenien als Iraker ausgeben, um den tief verwurzelten bürgerlichen Rassismus zu schüren ?
Wo Recht zu Unrecht wird wird Widerstand zur Pflicht…
Alle Menschen sind von Natur gleichermaßen frei und unabhängig und besitzen gewisse angeborene Rechte, deren sie ihre Nachkommenschaft bei der Begründung einer politischen Gemeinschaft in keiner Weise berauben oder zwingen können; nämlich das Recht auf Leben und Freiheit und dazu die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben und zu erlangen.
So ne zynische Prinzipienreiterei!
Betrug? Wer wurde geschädigt? Wie hoch ist der Schaden? Verbannung und Sippenhaft? Was fordert Ihr dann so prinzipienfest sagen wir … für Diesel-Betrüger?
@Anton
Richtig, nur sagt Härtefallkommission nicht aus, dass der Vorgang unrechtmäßig gelaufen wäre oder sonst irgendwas da im Argen liegt. Es ist lediglich eine Möglichkeit, in Ausnahme-/Härtefällen die rechtliche Bewertung zu korrigieren oder zu „überstimmen“. Das es sich hier um eine Härtefall handelt (besonders für die drei Kinder), stelle ich überhaupt nicht in Zweifel.
@keks
Nein, wir sind überhaupt nichts Besseres. Wenn jemand sich nicht an die Regeln hält, dann gehört er dafür entsprechend bestraft (wenn es entsprechend schwerwiegend ist). Da ist es mir völlig egal, ob er hier geboren wurde, eventuell einen Migrationshintergrund hat oder Flüchtling ist. Die von Dir angeführte Keule „tief verwurzelten bürgerlichen Rassismus“ mag ja ein gern verwendetes „Stilmittel“ in solchen Diskussionen sein, hilft nur in der Sache überhaupt nicht weiter. Die hier viele Jahre wissentliche und vorsätzliche Täuschung war wesentlich für die Anwesenheit in Deutschland, da hält sich mein Verständnis über die jetzige Abschiebung in Grenzen. Für die Kinder ist es wirklich bescheiden, aber sollten wir mal ein vernünftiges Einwanderungsgesetz auf die Reihe bekommen, dann kann man ja auch dort Regelung integrieren, die bei einer vorherigen langjährigen Anwesenheit in Deutschland eine reguläre Einwanderung beim Erreichen der Volljährigkeit ermöglichen/erleichtern. Für die Eltern sollte diese Regelung dann allerdings nicht gelten, weil deren Anwesenheit aus meiner Sicht unrechtmäßig war und im Hinblick auf eine mögliche reguläre Einwanderung auch negativ zu bewerten wäre. Alles andere halte ich für völlig paradox und falsch.
@Seldon
„Was fordert Ihr dann so prinzipienfest sagen wir … für Diesel-Betrüger?“
Für die Verantwortlichen, die Kenntnis von den Vorgängen hatten bzw. diese gebilligt und/oder entschieden haben: Gefängnis
Es handelt sich m.E. um schwersten Wirtschaftsbetrug mit erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden.
Und nein, Du wirst sicher kein Beispiel finde, wo ich meine Sichtweise davon abhängig mache, ob der Betroffene einen Migrationshintergrund etc. hat oder nicht. Genauso hat sich z.Bsp. Linda W. den Gesetzen des Irak zu stellen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu tragen.
Die sollen sich gefälligst eine Religion suchen, wo das Glück im Jenseits wartet. Wo kämen wir hin, wenn jeder der Meinung wäre, er lebe nur einmal und müsse demzufolge im Hier und Jetzt das Paradies bewohnen. /Ironie off
Mittlerweile ist der Konsens über alle Parteien hinweg (Einzelmeinungen ausgenommen) das nicht berechtige, nach schnellen Aufnahmeverfahren (viel schneller als jetzt) abgeschoben werden müssen. Sicherlich muss geprüft werden ob im Herkunftsland eine direkte Bedrohungslage gegeben ist. Ob die Mafia-Story wahr ist, kann genauso in Frage gestellt werden, wie das angegebene (konstruierte) Herkunftsland. Von daher empfinde ich die Rassismus-Keule am Thema vorbei geschwungen.
Die Frage welche sich für mich stellt …
muss zur Anerkennung eine Asylantrages ein Asylgrund vorliegen oder reicht es schon aus, wenn man durch falsche Angaben das Verfahren in die Länge zieht und zudem noch eine sehr sympathische hilfsbereite liebe Familie ist.
Dass die Leidtragenden die Kinder sind und die deutsche Justiz mit der langen Verfahrensdauer nicht ganz unschuldig an der jetzigen Situation ist, bleibt dabei unbestritten.
Lustig, die Geschichte mit der Mafia. Aber klar, was sollen sie auch erzählen.
Was ich nicht verstehe, wieso die Diskussion immer wieder in Richtung Migrationshintergrund geht!?
Hier haben sich zwei Menschen des Betruges schuldig gemacht – wenn denn alles so stimmt – und dafür haben sie sich zu verantworten. Wen interessiert es, wo sie herkommen? Eine Diskussion darüber, wieso man wissentlich seine Kinder einer solchen Betrügerei aussetzt, würde ich für sinnvoller halten. Aber klar, da ist ja auch noch die armenische Mafia.
Gäbe es auch eine Petition für ein Päarchen aus – sagen wir mal Prohlis – die sich über Jahre Leistungen erschlichen haben, nur weil sie soooo sympathisch sind und auch nur aus Angst vor dem bösen Blumenverkäufer von Reick nach Prohlis gezogen sind!?
Wer hier lebt, hat sich an die hier geltenden Gesetze zu halten.
Bedenklich finde ich allerdings die „Geldbuße“ von 150€. Wenn es sich hier um die „Buße“ für das jahrelange Erschleichen von Leistungen ist, dann ist das ein Wahnsinnsdeal, wenn man das mal überschlägt.
Ich hatte das ja schon einmal gefragt: gibt es eigentlich eine Petition für die Rückzahlung der erschlichenen Leistungen?
Hallo Felix, soweit ich das verstanden habe, geht es in Petition darum, dass die Leute nicht abgeschoben werden. Und ich könnt mir vorstellen, dass gegen eine Zwangsumsiedlung der Prohliser nach… sagen wir Gorbitz, ebenfalls genug Unterschriften zusammen kämen.
Welche Leistungen erschlichen wurden, welche auch unter anderen Voraussetzungen gezahlt worden wären (Ansprüche erwachsen ja nicht nur aus anerkannten Asylgründen) läßt sich sicher auseinander klamüsern. Der Schaden „für den Steuerzahler “ dürfte sich in Grenzen halten…
150,- sind im übrigen für jmd. auf H4 – Niveau schon ne herbe Sache.