Für das Front-Foto rollt Herr Do die Markise zurück. Damit der Namenszug besser zur Geltung kommt. Tatsächlich ist „Mode Do“ in seiner Erscheinung irgendwie unauffällig. Das könnte daran liegen, dass ich nicht zur Zielgruppe gehöre. „Ein Modegeschäft für ältere Leute, gute Qualität und preiswert“ – So stellte sich das Ehepaar Do ihr Rezept zum Erfolg vor. Seit 17 Jahren läuft der Laden auf der Bautzner Straße. Nicht ohne Entbehrungen.
Van Tuan Do kam in den 80er Jahren aus Vietnam nach Deutschland und wohnte gemeinsam mit Frau und Sohn, als diese nachgezogen waren, erst einmal in Stuttgart. Der ausgebildete Physiklehrer hangelte sich durch zahlreiche Berufe, um in Deutschland Fuß zu fassen und seine Familie zu ernähren. Als Angestellter verdiente er für sich allein gerade genug. Er wollte unabhängig sein. Der Markt im Osten erschien ihm lohnender, erzählt Do, und so zog die Familie 1996 nach Dresden. In Zuge der Nachwendezeit kristallisierte sich die Idee eines Kleidergeschäftes heraus.
„Im Westen war die Mode sehr teuer“, erklärt Herr Do. Ihm schwebte eine günstigere Alternative vor. Allerdings distanziert er sich von – er sucht nach Worten – „salopp geführten Geschäften.“ Bei Mode Do hängen alle Kleider sorgfältig geordnet auf Holzbügeln. Keine chaotischen Kleiderberge oder in Folie verpackte Sockenpacken erspäht das Kundenauge. Darauf legt Herr Do wert. „Gute Qualität“, sagt Do und unterstreicht die versichernde Ernsthaftigkeit des Gesagten mit einer nachdrücklichen Handbewegung.
Während wir auf den kleinen Hockern aus den Umkleidekabinen sitzen und plaudern, steht seine Frau Kim Lan Vu (in Vietnam behält die Frau ihren Nachnamen) hinter dem Tresen und eilt hervor, sobald ein ratlos drein blickender Kunde durch die Eingangstür tritt. Sie ist die Inhaberin. Do bezeichnet sich lächelnd als „Mann im Hintergrund“, obwohl beide das Geschäft gleichermaßen versorgen.
Seit der Eröffnung haben die beiden keinen Urlaub mehr gemeinsam verbracht. Die Miete ist teuer und so müssen Abstriche gemacht werden. Beim Familienurlaub wechselt das Ehepaar sich ab. Ein Angestellter, erklärt Do, sei ein Risiko- und Kostenfaktor, den sie nicht tragen können.
Bevor der mittlerweile 30-jährige Sohn nach Osnabrück ging und seine eigene Familie gründete, half er regelmäßig im Geschäft mit. So nun die 16-jährige Tochter. Die Familie pflegt das Geschäft, das Geschäft ernährt die Familie. Auch seiner Tochter möchte das Ehepaar Do ein Studium ermöglichen, wenn sie es wünscht. Der Sohn arbeitet als Wirtschaftsprüfer. „Ich denke, wir schaffen das“, sagt Do lächelnd.
Beide Kinder haben zwei Muttersprachen: vietnamesisch und deutsch. Do erachtete es als wichtig, mit seinen Kindern Vietnamesisch zu sprechen. „Irgendwann kommen die Kinder und fragen: Wo komme ich her? Wer bin ich?“, sagt er. Mit der Sprache gebe er ihnen die Möglichkeit, zu seinem Heimatland Kontakt zu halten und es selbst kennenzulernen. Etwa alle fünf Jahre lässt sich ein Besuch der Heimat einrichten. „Viele Verwandte“, sagt Do und schaut durch die mit Spitzendecken verhängten Wände in eine weite Ferne.
Weihnachten feiern die Dos gemeinsam unterm Tannenbaum in ihrer Wohnung unweit des Geschäftes. Eine Zusammenkunft der Familie, der Herr Do in sichtlich froher Erwartung entgegensieht. Der wichtigste vietnamesische Feiertag, das Neujahrsfest Tet, richtet sich nach den Mondphasen und fällt 2018 auf den 16. Februar. Mit zwei Kulturen feiert es sich gleich doppelt, denke ich.
Zum Abschied verschwindet Herr Do hinter dem Tresen und kehrt mit einer Geschenketüte zurück, die er mir in die Hände drückt. „Heute bin ich der Weihnachtsmann“, sagt er strahlend.
Mode Do
- Vu Kim Lan DO Mode & Textilien, Bautzner Straße 23
- Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr, Sonnabend 9 bis 12 Uhr
- Telefon: 0351 2167897
Ich arbeite gleich nebenan bei Pro Seniore und gehe oft und sehr gern in diesen Laden, man wird immer höflich und gut beraten