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1000 Leben – Das HebammenHaus

In der Weihnachtszeit soll es der Wunder viele geben. Das der unbefleckten Empfängnis wird wohl ein biblisches bleiben. Das der Geburt ist ein reales, das sich die zehn Mitarbeiterinnen des HebammenHauses auf der Louisenstraße zu Beruf und Berufung gemacht haben. Im vergangenen Jahr erblickte unter ihren fachkundigen Händen das 1000. Baby das Licht der Welt. Das war am 10. Juni 2017.

Sechzig Babys später trafen wir uns zum Interview. Trotz der beachtlichen Jubiläumszahl ist der Hebammenberuf einer, bei dem es weniger um ehrgeizige Quantifizierung, als um Einfühlsamkeit und Erfahrung geht und dessen prekäre Lage wie kein anderer widerspiegelt, wie unsere Gesellschaft mit Leben per se umgeht.

Besprechungs- und Sitzungsraum im HebammenHaus
Besprechungs- und Sitzungsraum im HebammenHaus

Zum Interview geleiten Josefin Schönberg, Heike Höhle und Susanne Peiler in den einzig freien Raum im Haus: den Geburtsraum. Ein bisschen ist es tatsächlich so, als würde man das Allerheiligste betreten, das trotz aller Funktionalität nicht der Gemütlichkeit entbehrt. Linkerhand befindet sich eine große, muschelförmige Wanne. Zentral im Raum fällt der Blick des Besuchers auf ein breites Futonbett.

Das HebammenHaus ist neben dem Geburtshaus auf der Schaufussstraße und dem in Bühlau einer der drei Stätten in Dresden, in denen Frauen ihr Kind ausschließlich betreut von Hebammen auf die Welt bringen können.

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Die Nachfrage nach außerklinischen Geburten steigt. Immer mehr Frauen sehen eine Geburt in einem kleinen Kreis außerhalb des Krankenhauses als „normaler“ und vertrauenswürdiger an, berichten die Hebammen. Auch Hausgeburten werden gefragter. Das mag daran liegen, dass die Betreuungssituation in regulären Kreißsälen von Personalmangel und Zeitdruck geprägt ist. Das heißt, dass schneller auf medizinische Eingriffe zurück gegriffen wird. Wehenhemmer, Wehenbeschleuniger, Kaiserschnitt gehören mittlerweile zum Standardrepertoire einer Klinik-Geburt.

„Frauen im Krankenhaus warten oft darauf, dass ihnen geholfen wird“, berichtet Susanne Peiler aufgrund ihrer Erfahrungen. Sie meint damit das Vertrauen in Eingriffe, die den Vorgang der Geburt erleichtern oder verkürzen sollen. „Unsere Philosophie ist eher, die Frauen von Beginn an selbstbewusst und stark für die Geburt zu machen. Keine Dramatik oder Panik aufkommen zu lassen. Sollte es kritisch werden, können wir immer noch auf ein gutes klinisches Netzwerk zurückgreifen.“ Jede Geburt ist ein individuelles Ereignis.

Heike Höhle ergänzt: „Für uns ist eine Eins-zu-Eins-Betreuung eine Grundvoraussetzung. ‚Kurz nach einer Frau sehen‘ bedeutet für uns, mindestens eine Stunde lang die Situation der Gebärenden einzuschätzen. Sich allein gelassen fühlen ist das Schlimmste.“

Die intensive Zusammenarbeit im Vorfeld gibt den Frauen Vertrauen und ermöglicht den Hebammen während der Geburt, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ein krasses Gegenbild zu dem Ablauf in Kliniken, in denen eine Hebamme oft bis zu fünf Geburten gleichzeitig betreut und der Prozess nicht selten durch einen Schichtwechsel zerrissen wird. „Statistisch gesehen verlängert jeder Fremde, der zur Geburt hinzukommt, diese um eine Stunde“, weiß Josefin Schönberg.

Heike Höhle, Susanne Peiler und Josefin Schönberg vom HebammenHaus
Heike Höhle, Susanne Peiler und Josefin Schönberg vom HebammenHaus

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Die Geburt ist das, womit die Hebammen ihr Brot verdienen. Der hohe Versicherungsbeitrag der Krankenkassen wird kalkulativ mit 14 Geburten pro Jahr und Hebamme „hereingearbeitet“. Bis 2020 wird er 9000 Euro betragen – eine Summe, die zahlreiche freiberufliche Hebammen zwingen wird, ihren Beruf niederzulegen. Bei Heike Höhle waren es heuer „nur“ 11 Geburten an der Zahl. „Betriebswirtschaftlich im Sinne der Gewinn- und Verlustrechnung kann geburtshilfliche Arbeit schon fast als Hobby betrachtet werden“, sagt sie.

Dabei ist die Betreuung in der Schwangerschaft und anschließend in der Stillzeit eine ebenso wichtige wie intime Phase. Das entstandene Vertrauen bewegt viele Frauen, sich auch in einer weiteren Schwangerschaft für dieselbe Hebamme zu entscheiden. So ist diese ein Teil vieler Familien und deren Leben.

Wertschätzung und Unterstützung erfährt das HebammenHaus durch Dresdner Eltern, die selbst auf der Louisenstraße betreut wurden. Sie gründeten den Gut ins Leben e.V., der sich für Verbesserung der Arbeitsbedingungen für freiberufliche Hebammen in Sachsen einsetzt. Die Hoffnung ist,  ausreichend Schubkraft zu entwickeln um den Hebammen überparteilich zu helfen. Eine schwere Geburt – harte Arbeit und ein lohnendes Ziel.

HebammenHaus Dresden

  • Louisenstraße 75, 01099 Dresden
  • Sprechzeiten Montag, Dienstag, Donnerstag 10 bis 12 Uhr, Mittwoch 16 bis 18 Uhr
  • Telefon: 0351 6588775
  • Internet: www.hebammenhaus-dresden.de