Überraschend schnell ging heute am Landgericht Dresden der Prozess um den Brandanschlag auf die Martin-Luther-Kirche zu Ende. Die Strafkammer unter Vorsitz des Richters Christian Linhardt entschied, dass der Brandstifter Daniel J. nicht weiter im Maßregelvollzug bleiben muss.
In der Nacht vom 27. zum 28. Juli hatte Daniel J. drei mit Grillanzünder gefüllte Flaschen angezündet und gegen drei Eingänge der Kirche geworfen. Die Tat hatte er schon gegenüber der Polizei und auch am ersten Prozesstag eingeräumt (Neustadt-Geflüster vom 2. Januar 2018 und 29. Juli 2017).
Beim heutigen Prozesstag wurden verschiedene Zeugen gehört. Ein Kellner, der in der besagten Nacht im „Bottoms Up“ gearbeitet hatte und nach Feierabend mit zwei Begleitern am Martin-Luther-Platz vorbeikam, hatte die Flammen gesehen. Gemeinsam löschten sie einen Teil des Brandes und verständigten die Polizei.
Ein Sachverständiger des Landeskriminalamtes bestätigte, dass sich in den Flaschen eine petroleumartige Flüssigkeit befunden habe. Ein weiterer Sachverständiger der Dresdner Polizei erläuterte die Funktionsweise der Brandsätze, die auch als Molotow-Cocktails bezeichnet werden. Er erklärte, dass es durchaus möglich sei, dass die Brandsätze auch die Holztüren der Kirche entzündet hätten, wenn sie weiter gebrannt hätten.
Motiv: eine defekte Gitarre
Dann wurde der Pfarrer der Kirche, Eckehard Möller gehört. Der konnte etwas zu der Vorgeschichte und dem Motiv des Anschlags erzählen. Denn Daniel J. war in der Gemeinde schon bekannt. Zwei Jahre zuvor war er in die Kirche eingebrochen und hatte dabei eine Glasscheibe zerstört und Teile des Innenraums verwüstet. Dabei hatte Daniel J. seine Gitarre dort gelassen. Diese forderte er ungefähr vier Wochen später wieder zurück. Die Gitarre war aber nach Aussage des Pfarrers so defekt, dass der Hausmeister der Kirche das Gerät schon entsorgt hatte.
Als Daniel J. im Anschluss daran verbal gegen Mitarbeiter der Gemeinde ausfällig wurde, erteilte ihm der Pfarrer Hausverbot. Daran hielt er sich offenbar auch.
Unmittelbar am Tag nach dem Brandanschlag kam ein anderer junger Mann zum Pfarrer und berichtete, dass er wüsste, wer für den Anschlag verantwortlich sei. Daraufhin informierte der Pfarrer die Polizei, die Daniel J. dann festnahm. Seitdem befindet er sich in einer psychiatrischen Klinik in Arnsdorf im Maßregelvollzug.
Drogenmissbrauch und bipolare Störung
Der Psychiater Jan Lange, Leiter der forensischen Psychiatrie der TU Dresden, stellte dann sein Gutachten vor. Daniel J. hatte eigentlich ein ganz normales Leben, arbeitete als Waggonbauer in Niesky und war bis zur Jahrtausendwende unauffällig. Aber irgendwann begann er Drogen zu nehmen. Anfangs hauptsächlich Haschisch, später Kokain bis zu drei Gramm pro Tag. Ab 2004 wechselte er zu Crystal. Seit 2002 war er wegen seiner bipolaren Erkrankung immer wieder in der Psychiatrie. In den vergangenen zwei Jahren insgesamt 14 Mal. Eine regelmäßige Arbeit hatte er schon lange nicht mehr, war zwischenzeitlich auch mal obdachlos und lebte eine zeitlang im Wald.
Das Muster, so der Psychiater, sei immer wieder gleich gewesen. Wenn Daniel J. nach einem Klinikaufenthalt die Medikamente absetzte, verfiel er immer wieder in manische Phasen. Wenn er die Medikamente weiter nimmt, prognostiziert der Psychiater, seien keine Straftaten mehr zu erwarten. Wenn er allerdings wieder in eine manische Phase falle, seien weitere Straftaten erwartbar.
Kein Maßregelvollzug mehr
Die Strafkammer unter Vorsitz des Richters Christian Linhardt entschied daraufhin, dass eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Paragraph 63 StGB nicht anzuordnen ist. Eine Bestrafung des Brandstifters stand ohnehin nicht zur Debatte, da er nach Paragraph 20 StGB wegen der seelischen Störung nicht schuldfähig ist.
Daniel J. begab sich nach Ende des Prozesses jedoch freiwillig erst einmal wieder in die Psychiatrie nach Arnsdorf. Das Gericht konnte er ohne Handschellen verlassen.