Jetzt glotzt der mich schon wieder an. Richtig frech lugt er unter seiner roten Zipfelmütze hervor. Die blauen Augen werden von weißen Augenbrauen und einem weißen Rauschebart umrahmt. Den ganzen Abend starrt er mich jetzt schon an. Und ich kann doch Gartenzwerge nicht ausstehen. Wo bin ich hier nur hinein geraten. Alles hing mit diesem Fußball-Halbfinale zusammen, mit Freunden wollte ich mich treffen, irgendwo gemütlich in einem Kneipchen auf großer Leinwand die Deutschen beim Siegen beobachten. Beides ging gründlich schief. Der von mir bevorzugte Biergarten hinter dem Wettbüro auf der Antonstraße war schon eine reichliche Stunde vorher komplett überfüllt. Auch die Alternativen, die Biergärten hinter dem Toscana (Louisenstraße) oder dem Cigales (Alaunstraße 64) waren gerammelt voll. Vor dem Schwalbennest fanden sich schließlich noch ein paar Plätzchen mit einem winzigen Fernseher. Da wurde die Idee geboren, eine eigene Leinwand in einem Hinterhof zu installieren.
Und nun sitze ich hier. Die Leinwand ist riesig, das Bild ganz gut, die Stimmung ist bestens, das Bier ist kühl und zum Greifen nah. Und am Grill werden fleißig Steaks gewendet. Unsere Party zum sogenannten kleinen Finale hat sich herumgesprochen und die Runde ist ordentlich besucht, eigentlich könnte ich gute Laune haben. Wenn nur dieser dreiste Gartenzwerg nicht wäre. Schließlich fasse ich mir ein Herz, schnappe den Burschen und räume ihn hinter den nächsten Busch. Soll er dort vor sich hingrinsen.
Nach der Party folgt normalerweise der Kater, das ist ganz klar. Was aber ist, wenn man vier Wochen lang fast jeden Abend gefeiert hat? Fallen wir jetzt alle in ein tiefes Loch der Langeweile? Keineswegs, denn die Neustadt hat vorgebaut. Bereits heute Abend geht es weiter, hinter der Scheune beginnt der Schaubudensommer. Die nächsten neun Tage heißt es wieder: „Hereinspaziert! Hereinspaziert!“ Und all die bekannten Gesichter von Annamateur über Jean Pierrot bis hin zu Debbsch und Lebbsch, alle sind sie wieder dabei.
Und ich weiß wieder, wo ich meine Abende verbringen kann. Vielleicht überwinde ich mich und nehme Kurt, so habe ich den Gartenzwerg in der Zwischenzeit getauft, auch einmal mit.
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Anmerkung 2014: Aus dem Cigales ist inzwischen die Schokoladenbar geworden.