Der Wirbel, den Anke Hoppert, die Queen des England, England auslöste, war in diesen böigen Ausmaßen gar nicht beabsichtigt, als sie auf ihrer Facebookseite schrieb:
„Nach 8 aufregenden, rührschüsselnden und bereichernden Jahren auf und mit der kleinen Insel „England, England“, zieht es mich weiter zu neuen Aufgaben und Abenteuern. Doch soll die Insel nicht von der Dresdner Landkarte verschwinden, denn da gehört sie hin als kulinarisches und kulturelles Kleinod für viele wunderbare Menschen! Deshalb suche ich eine/n Nachfolger/in mit Herz, neuen Ideen und unternehmerischem Geist, der/die Lust hat das England, England weiterzuführen und einen eigenen Traum in die Realität umzusetzen!“
Ein lang gereifter Entschluss, der jedoch nicht ganz so bald wie befürchtet von Abschied kündet.
Die Tränen seien geflossen beim Veröffentlichen, sagt Anke Hoppert. Aber wie das so ist mit Entschlüssen: Sind sie einmal getroffen, fühlt es sich gut an. Ermüdung habe Anke gespürt. Die tägliche Routine, die vielen Aufgaben hinter den plüschigen Kulissen ihres Cafés haben ihr die Energie geraubt, erzählt sie und bevor das in Frustration gipfelt, wolle sie das England, England lieber frei lassen. „Man spürt in einem Geschäft schließlich, wie es dem Menschen hinter dem Tresen geht.“ Einen überstürzten Aufbruch müssen die Anhänger des Cafés nicht fürchten. In aller Ruhe suche Anke nach einer Nachfolge und über den Winter bleibt sie der Neustadt auf jeden Fall noch erhalten.
„Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass mehrere Leute das Café übernehmen“, sinniert sie und beginnt zu träumen, wie ihre Zukunft jenseits der britischen Enklave aussehen könnte. „Ich will etwas draußen machen“, sagt sie. Mit Pferden zum Beispiel. Bis ihre Träume Kontur gewonnen haben, ist das England, England seiner Zukunft ebenfalls ein Stück entgegen geschippert. „Alles komm zu seiner Zeit“, sagt Anke.
Nun auch dieser Text über das England, England – geschrieben ursprünglich für einen Stadtteilführer und jetzt aus der Dornröschen-Schublade gehoben:
England, England
In dem Schaufenster von Anke Hoppert steht die Queen. Klein und blass, aber lächelnd winkt sie aus ihrem kleinen Kolonialreich hinauf zur Martin-Luther-Kirche, als grüße sie ihren Big Ben. Sie steht in zweifacher Ausführung, ihr Zwilling hat das Händchen eingebüßt und fuchtelt nun mit einem Freibeutersäbel. Ein treffliches Janusbild. Hinter den Rücken der beiden Repräsentantinnen eröffnet sich das über-eingerichtete Wohnzimmer des „England, England“. Ömchen mumpeln hier selbst gebackenen Karottenkuchen vom handabgewaschenen Silberbesteck, Studentenvolk lauscht Singer-Songwriter-Konzerten, nach denen der Künstler nächtens auf eine der plüschigen Couches sinkt. Es riecht nach Veilchenwasser, Kuchenteig, Staub auf Porzellanschweinchen und Großmutters Küchenschürze. Wer hier unschuldige Milch in seinen tiefschwarzen Tee rührt, erklärt sich bereit für eine Überdosis Britannien. Es öffnen sich die Tore für „little Aliens“ in Dresden, Fernwehsüchtige und Heimwehkranke. Eine possierliche, auf die (Häkel-)Spitze getriebene Hommage auf die schrullige Inselkultur, das letzte Relikt des einstigen Englischen Viertels in Dresden, ein herzlich-heftiger Ellenbogenstoß quer über den Kanal, ein Museum zum Hineinlümmeln. So too much, dass selbst Rosamunde Pilcher respektvoll Teerosen niederlegen würde. So urkomisch wie die ausdruckslosen Gesichter der Grenadier Guards. In jedem Detail ein Augenzwinkern, trocken wie Scones, süß wie die Marmelade darauf. Julian Barnes visionierte es in seinem Buch, Anke Hopperts realisierte es in der Neustadt: das unvergleichliche, sensationelle, absolut extraordinäre England, England. Nehmen Sie eine Tasse Tee – und sich selbst nicht so schrecklich ernst!
Der letzte Satz gehört Anke Hoppert: „Wenn dein Herz jetzt höher schlägt, dann schreibe mir gern hier eine Nachricht für weitere Informationen: anke@englandengland.de .“
Nachtrag: 24. August
Nun ist endgültig zu. Drinnen wird renoviert. Bye, bye.
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