Heute, einen Tag nach dem Platzhirsch Striezelmarkt, darf auch der Augustusmarkt seine Pforten öffnen. Dies ist gleichzeitig der Startschuss für den 21. Neustädter Advent, Die Hauptstadt des „Weihnachtslandes Sachsen“ wird zum gigantischen W-Markt. Süßer die Kassen nie klingeln. Die Neustadt jenseits des Albertplatzes ist mit Advenster und Neustädter Gelichter dabei. Bei einem Pressetreffen am Dienstag stellten die MacherInnen von Markt und Advent ihre Pläne vor.
Bis zur letzten Minute wird gewerkelt auf dem Augustusmarkt, damit zur feierlichen Eröffnung alles steht: 105 Stände auf 500 Metern Hauptstraße. Flankiert wird er von Riesenrad am Goldenen Reiter und Eisbahn am Jorge-Gomondai-Platz. „Die günstigste Dresdens“, betont Holger Zastrow, dessen Agentur gemeinsam mit Matteoevents als Plan de Saxe GmbH den zweitgrößten Weihnachtsmarkt Dresdens organisiert. Wahrzeichen ist der „Blaue Baum“ – ein LED-Gewächs mit unklarem Bedeutungshintergrund. Sieht toll aus auf Fotos.
August gegen Goliath
Zastrow setzt auf Abgrenzung zum Striezelmarkt, vor dem die Busse im Takt Touristen ausspucken. Street food, Handwerksbetriebe, Barrierefreiheit. Internationale Küche, Bodenständigkeit, sogar Inklusion. Die Beschaffenheit des Geländes gibt es her.
Die weiß-goldenen Pagoden sind teuer, die Miete erst recht. Holger Zastrow kommt kleinen Fischen preislich entgegen. Er reserviert Restplätze für Kurzentschlossene und Ausgefallene. Die Themenzelte sind der Renner. Sie können auch von mehreren Parteien gestaltet werden, wenn sich eine einzelne die Miete nicht leisten kann. Das klingt toll. Und nach Stammestanz bei einer Wild-West-Show.
Den Leuten gefällt’s, auch wenn sie für Zastrows Begriffe immer noch zu wenig experimentierfreudig sind. Der normale Glühwein geht immer noch besser als der teure französische, beklagt er. Die Dresdner eben. Die brauchen Zeit. Hauptsache, sie trinken überhaupt. Noch immer schreibt der Augustusmarkt keine schwarzen Zahlen, aber Zastrow ist zuversichtlich. Illumination lautet das Zauberwort. Teuer, aber effektiv. Wenn es nach ihm geht, soll die Augustusbrücke den Advents-Pilgern in Zukunft heimleuchten. Auch eine weihnachtliche Elektrifizierung des Albertplatzes kommt infrage. Das alles schließt dann nahtlos an an die Szene-Neustadt, in der heuer bereits die Lichtlein auf der finsteren Prießnitzstraße brennen. Neustadt lichterloh. Alles Eigeninitiative, alles privat finanziert, alles mit Liebe. Gekauft.
Den kulturellen Humus bietet das knackevolle Programm des Neustädter Advents mit der Extraportion Neustadt. „Bunt, vielfältig, ohne Grenzen“, zählt Evelyn Dangrieß vom Barockviertel e.V. auf. Der Neustädter Advent ist eben nicht nur Glühwein trinken und Konsum, sagt sie, sondern besinnlich und echt weihnachtlich. Alle sind dabei: Kulturschaffende, Künstler, Initiativen, Museen, Kirchen. Glühwein mit Mehrwert. Und erst diese Originalität. Schwipsbogen! Großartig. Evelyn Dangrieß ist ganz aus dem Häuschen. Volle Pulle Besinnlichkeit.
Heller, schneller, weiter
Sie stimmt vollstens zu, wenn Holger Zastrow nach der Kommunalwahl bei der Stadt einen Vorstoß wagen und eine Verlängerung des Augustusmarktes bis zum 6. Januar erwirken will. „200 Veranstaltungen, wie soll man das alles schaffen?“, sagt Evelyn Dangrieß, als käme es darauf an. Holger Zastrow schwebt ein Silvesterfest vor. Ohne Knallerei, ganz locker, ganz entspannt. Neustadt eben. Holger Zastrow hat Ideen. Die weiß-goldenen Pagoden könnten gleich stehen bleiben. Das Kulturprogramm gibt’s auch her: „Wir könnten Weihnachten feiern bis Ende Januar!“, sagt Evelyn Dangrieß und strahlt. Sie denkt auch an die Menschen, die zu Weihnachten niemanden haben. Die hätten dann eine Anlaufstelle über die Feiertage. Fressen und Moral, Hand in Hand durch die Jahre. Das klingt zu schön um wahr zu sein.
Die Stadt, Veranstalterin aller thematischen Weihnachtsmärkte in Dresden, umsäumte das Markt-Areal bereits zu Beginn der Woche mit den altvertrauten Betonpollern. Sie sind ansprechender gestaltet. Sie sagen: Wir gehören jetzt dazu. Die Lego-Steine erschweren die Zulieferung, sagt Holger Zastrow und Einsatzfahrzeuge müssen im Ernstfall auf die Gehwege ausweichen. Im dichten Gedrängel kann es schon mal vorkommen, dass man unverhofft gegen die Lego-Steine prallt. Sicherheit kann weh tun. Aber Sicherheit ist das wichtigste Gefühl, wenn es zur totalen Besinnlichkeit kommen soll.
Weihnachten als Projekt, Weihnachten als Vision. Die „Nord-Süd-Tangente ist bereits weihnachtlich belebt“, sagt Evelyn Dangrieß. Es könnte weitergehen, mit den entsprechenden Genehmigungen und Verträgen. Augustusmarkt auf dem Vormarsch. Expansion in Richtung Markthalle und Dreikönigskirche. Am Goldenen Reiter ist leider zick. Eine Bühne sei für 2017 geplant gewesen mit einem deutsch-tschechischen Kulturprogramm, sagt Holger Zastrow. Initiator war Mirko Sennewald. „Die Stadt will aus denkmalschutzrechtlichen Gründen nicht mehr Platz genehmigen“, sagt Holger Zastrow mit einem Hauch Empörung. Das Amt für Wirtschaftsförderung begründet: „In der Ausschreibung für die laufende Konzessionsperiode des Weihnachtsmarktes wurde konkret eine aus denkmalschutzrechtlichen Gründen verkleinerte Fläche auf dem Neustädter Markt und als Kompensierung dafür eine bis zum Albertplatz verlängerte Konzessionsfläche im Bereich des Jorge-Gomondai-Platzes ausgeschrieben.“
Mirko Sennewald ist tot. Am Goldenen Reiter steht ein Riesenrad. Und auf der Kompensationsfläche steht eine Eisbahn, die 45 000 Euro kostet. Es werden noch Sponsoren gesucht.
Weihnachten ist eine schöne Zeit!
Das ist wirklich keine Neuigkeit!
Nicht verschnaufen
Weiter kaufen –
Weihnachten ist eine schöne Zeit!
Weihnachten ist eine schöne Zeit –
Wenigstens das sagen alle Leut‘!
Sind wir ehrlich
Einmal jährlich –
Weihnachten ist eine schöne Zeit!
Gib uns Frieden, Fest des Friedens!
Gib uns Liebe, liebes Fest!
Gib, dass man statt Platitüden
Uns die Wahrheit sehen lässt!
Gib uns Weisheit und Verständnis!
Lass uns nicht beim Lügen lachen
Und verleih uns die Erkenntnis
Wie aus Menschen Menschen machen!
Lass uns nicht beim Geben sparen!
Lass uns nicht in Zorn entbrennen!
Gib, dass wir in Zukunftsjahren
Endlich ehrlich sagen können:
„Weihnachten ist eine schöne Zeit!
Weihnachten ist eine schöne Zeit!“
Freut uns auch nicht, was wir kriegen
Macht uns Freude, was wir bringen!
Geben wir auch, weil wir müssen –
Einmal wird es uns gelingen
Dass wir geben, weil wir wollen!
Dann lasst uns zusammen singen:
„Weihnachten ist eine schöne Zeit!“
https://www.youtube.com/watch?v=9Ww_6taTTss
@Seldon: In Deinem Kommentar gibt es eine Text-Link-Schere. Das Lied im Video entspricht nicht den von Dir niedergeschriebenen Zeilen.
Hallo Anton…
Hätte es wohl markieren sollen…Text entspricht etwa der Zweiten Hälfte des verlinkten Liedes…
Aber um das Wort „Text-Link-Schere“ zu lernen, hatts sich schon gelohnt
Ist eine abgewandelte Form der Text-Bild-Schere, die gelegentlich im Fernsehen zu erleben ist.
„heuer“, „heuer“ – der Markt ist offensichtlich irigendwo in Bayern oder Österreich.
Das nicht, aber die Autorin hört gerne Hans Söllner.
halten wir fest: zastrow beschäftigt seinen buddy -den pegidagründer jahn – auf der hofewiese.
matteo böhme vermietet seine gaststätte häufig an die afd -buddies.
beide machen einen neustadt-kommerz-weihnachtsmarkt.
finde nur ich das doof?
Ich auch, lieber Hans!
@Hans & paligro
Immer hübsch in der Blase bleiben, dann passiert Euch nichts.
Und wenn du in deiner tristen Höhle bleibst und nicht ins fröhliche Whoville kommst, passiert auch dir nix, lieber Grinch.
Ca. 40% mehr knöpft er jetzt den Standleuten ab, obwohl keine Erhöhung der Stadt an ihn … Schweinerei.
@ Antimensch: Da steckt bestimmt ein Wessi dahinter!