Neulich auf dem Marktplatz des Neustädter Gelichters. Ein paar Herren in gesetztem Alter und eine Dame beratschlagen, wohin man denn jetzt gehen könne. Etwas wärmer solle es sein, denn der Glühwein kommt offenbar gegen die Minusgrade nicht an. Nach einer kleinen Weile ist die Entscheidung gefallen: Ab in die Planwirtschaft. Im Keller soll man noch rauchen dürfen.
Außerdem halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass es die Kneipe so wohl nicht mehr lange geben wird. Das will unsere kleine Gruppe von Neustadt-Kundigen nun mal vor Ort begutachten. Im Keller ist alles wie immer. Chaos lehnt am Tresen, grüßt freundlich und wir finden ein kleines Plätzchen. Wenig später sind wir allesamt in Rauch eingehüllt und trinken leckere Biere. Achtung, Schleichwerbung: „Allein das Rechenberger ist einen Planwirtschaftsbesuch wert.“ Schleichwerbung, Ende. Die Gespräche drehen sich um die Anfangszeiten der Szene-Kneipen. Die Planwirtschaft hat meinem Wissen nach zu der Zeit der Ausrufung der Bunten Republik, also im Juni 1990 eröffnet. Wesentlich ältere Szenekneipen gibt es kaum noch in der Neustadt, nur das Raskolnikoff und die 100 haben noch ein paar Tage mehr auf dem Buckel. Ich erinnere mich gut, wie ich jungendlich und gut zu Fuß durch die Neustadt streifte. Die Tour war stets die Gleiche. Es fing im Tivoli an, dann ein Blick in die Plane, danach mal kurz in das Projekttheater-Café geschaut und dann entweder ins La Mitropa oder ganz selten in die Raute auf der Böhmischen oder wenn das Geld mal wieder ganz knapp war, ins Schlagloch auf der Kamenzer. Spätestens dann hatte ich irgendeinen Bekannten getroffen und war bei Bier und Zigaretten schwer ins Philosophieren gekommen.
Heute wäre das schwerer. Alle Kneipen an einem Abend in der Neustadt abzuklappern, ist wohl gar unmöglich. Nun unsere kleine gemischte Gruppe sitzt beim nächsten Bier, inzwischen ist auch Wodka aufgetaucht und die Stimmung steigt. Später möchte ich einen kleinen Muntermacher bestellen, doch die Bedienung verneint. Die Kaffeemaschine sei schon geputzt und Heißgetränke gäbe es nicht mehr. Es ist noch nicht einmal Mitternacht. Was ist hier los? Und tatsächlich, wenig später wird auch schon die letzte Runde ausgerufen, noch vor halb eins werden wir aus der Kneipe komplimentiert. Irgendwie irritiert stehen wir vor der Plane, ich grüble, aber nein, so etwas ist mir hier noch nie passiert. Aber vielleicht ist die Kneipe ja mit uns älter geworden und bürgerlicher und muss deshalb so zeitig schließen?
Uns soll es recht sein, müssen doch am nächsten Tag alle wieder arbeiten und zeitig aufstehen. Das war Anfang der 90er auch irgendwie anders.
und was ist nun an den gerüchten dran?
Gerüchtemäßig haben die „Herren im gesetzten Alter“ (soso, also nur die Herren im gesetzten Alter …) vor lauter Schwelgen in vergangenen Zeiten natürlich nichts heraus bekommen …
Doch, den Wodka aus der Flasche.
@ k.m. Die Geruechte werden rechtzeitig aufgeklaert.
Anton, heute nicht mehr per Fuß, sondern per Rollator? ;) Nein ein Scherz, kannst dich noch an den Abend erinnern, wo wir in der Neustadt ein dekadentes Privattaxi hatten?
letztens saßen wir noch bis halb drei oder so
vielleicht wart ihr nach dem wodka nicht mehr gewünschtes Publikum :-)
Als ehemalige Planwirtschaftlerin hoffe ich sehr,
dass, was auch immer passiert, die Kneipe mit Herz weitergeführt wird.
Aktuell ist der Oberste nur schädlich für diese einst so wunderbar gehende Kneipe.
Ich hoffe nur, ehemals treue Planegänger kommen dann wieder zurück!
Sabrina
@ Anton:
Recht zeitig aufgeklärt ist das aber nicht … ;-P
@ cs:
Na wenigstens das.
Das ist zwar nicht im Plan, aber ich möchte hier kundtun: Der Name K.M.Enzer gefällt mir. Irgendwie – ich weiß auch nicht…
Wie sind denn die in den Rollator gesetzen Herren zu Rechenberger & Wodka in den Keller gekommen? Wie in „Die nackte Kanone“?
@ K.M.Enzer: alles zu seiner Zeit … derzeit gibt es noch nichts Neues.
@ S.Ebnitzer: Keiner der Herren musste einen Rollator benutzen. Das sind wilde Unterstellungen.
@ K.M.Enzer: alles zu seiner Zeit … derzeit gibt es noch nichts Neues.
bei öffnungszeiten bis 1 uhr nachts, ist doch eine „letzte runde“ um 0.15 / 0.30 üblich?! mit wodka oder nicht hat es nix zu tun. wenn man sich mal überlegt, die kneipe ist voll und alle müssen noch zahlen und der thresen sowie die kneipe komplett geputzt werden, kann man sich vorstellen, dass der feierabend für die netten kellner, die ab cirka 17 uhr vor ort sind, dann weit nach 1 uhr winkt… und kneipen, die um diese uhrzeit offen haben, gibt es ja auch… da zieht man einfach mal weiter :-)
@ S.Ebnitzer:
Das kann ich durchaus nachvollziehen …